2023 war das bisher heisseste Jahr: Ein Weckruf für den Klimagipfel
Experten scheinen sich einig: 2023 wird wohl das heisseste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen. Lässt sich die Teilnehmer des Klimagipfels dadurch wachrütteln?
Es sind alarmierende Fakten für die Weltklimakonferenz: Das Jahr 2023 war global gesehen das heisseste seit Beginn der Aufzeichnungen. Es ist laut dem EU-Klimawandeldienst Copernicus praktisch ausgeschlossen, dass der Dezember daran noch etwas ändert.
Auf dem UN-Treffen in Dubai, das in die zweite Woche geht, bekennen sich inzwischen mehr als 100 Staaten zu einem schrittweisen Ausstieg aus Kohle, Gas und Öl – so auch die EU und die USA. Der US-Klimabeauftragte John Kerry sagte, es gebe keinen anderen Weg, um bis 2050 die klimaschädlichen Treibhausgase auf nahe null zu drücken. «Diese Emissionen töten Menschen – schon heute!»
2024 um 0,13 Grad wärmer als 2016
Laut Copernicus lagen die globalen Durchschnittstemperaturen 1,46 Grad über dem vorindustriellen Referenzzeitraum von 1850 bis 1900. Das abgelaufene Jahr sei bislang 0,13 Grad wärmer gewesen als die ersten elf Monate des bisherigen Rekordjahrs 2016.
Auch Deutschland streitet nach den Worten von Klimastaatssekretärin Jennifer Morgan weiter für ein «ambitioniertes Gesamtpaket». Dazu gehöre auch der schrittweise Ausstieg aus Kohle, Gas und Öl.
CO2-Emissionen erreichen neuen Rekord
Doch gibt es Widerstand: Nach Informationen von Umweltverbänden stemmen sich unter anderem der Ölstaat Saudi-Arabien und Indien, das stark auf Kohle setzt, gegen eine solche Verpflichtung. In Richtung der Bedenkenträger sagte Kerry: «Es ist Zeit für Erwachsene, sich wie Erwachsene zu benehmen.»
Erst am Dienstag hatte ein neuer Bericht gezeigt, dass die CO2-Emissionen 2023 mit wohl 36,8 Milliarden Tonnen einen Rekord erreichen. Das sind 1,1 Prozent mehr als 2022. Laut Weltklimarat muss aber der weltweite Ausstoss klimaschädlicher Treibhausgase schnell sinken – um 43 Prozent bis 2030, um die Erderhitzung wie 2015 in Paris beschlossen möglichst unter 1,5 Grad zu halten.
Stattdessen steuert unser Planet nach Angaben der Vereinten Nationen bis zum Ende des Jahrhunderts aber auf fast 3 Grad zu – wenn denn alle Zusagen der Staaten eingehalten werden, woran viele Experten zweifeln.
Erster Textentwurf nur «Grabbeltüte von Wunschzetteln»
UN-Klimachef Simon Stiell spornte die knapp 200 Staaten auf der Klimakonferenz mit deutlichen Worten zu mehr Ehrgeiz an. «Lasst uns ehrlich sein: Gute Absichten allein halbieren nicht die Emissionen in diesem Jahrzehnt, und sie retten jetzt und hier auch keine Leben», sagte er.
Der vorliegende Entwurf für das Abschlussdokument, im UN-Jargon globale Bestandsaufnahme genannt, sei eine «Grabbeltüte von Wunschzetteln», rügte er. «Das müssen die Verhandlungsparteien jetzt sortieren – und dann mit einem klaren Statement das Ende des fossilen Zeitalters einläuten, so wie wir es kennen.»
Der US-Beauftragte Kerry verwies auf Klimaforscher, die ihr Leben lang an dem Thema arbeiteten und inzwischen alarmiert und verängstigt seien. Manche sprächen davon, man befinde sich nun auf «unbekanntem Terrain».
Kerry zählte fatale Folgen der Erderhitzung auf wie das rapide schmelzende Eis an den Polen, Hitzerekorde und verheerende Waldbrände auf verschiedenen Kontinenten – und schloss mit den Worten: «Also Leute, was mehr müsst ihr wissen?»
Zum Verhältnis zu China, dem mit Abstand weltgrössten Emittenten von Treibhausgasen, sagte Kerry, man wolle auf der COP28 möglichst zusammenarbeiten. Die grösste Differenz seien aber Pläne der Volksrepublik, trotz Klimakrise viele neue Kohlekraftwerke zu bauen.
Der Anfang vom Ende
Auch EU-Klimakommissar Wopke Hoekstra sagte, es sei noch viel zu tun auf dem UN-Treffen, das am Dienstag enden soll – aber wie in den vergangenen Jahren in die Verlängerung gehen könnte. Spätestens 2025 müsse die Welt den Höhepunkt bei den Emissionen erreichen. Er wolle noch einmal klarstellen, wofür die EU stehe: «Ich möchte, dass diese COP den Anfang vom Ende für fossile Brennstoffe markiert.»
Die ugandische Klimaaktivistin Vanessa Nakate sagte, niemand solle sich von glitzernden Ankündigungen auf der Konferenz mit ihren rund 97'000 Teilnehmern ablenken lassen.
Um Schäden und Verluste gerade in armen Staaten zu begrenzen, müssten alle neuen Projekte zur Produktion von Kohle, Gas und Öl gestoppt werden. Der Erfolg der COP28 zeige sich genau darin – und nicht an Reden auf grossen Bühnen.