Alexej Nawalny: Putin-Gegner hat aus seinen Fehlern gelernt
Russen-Oppositionspolitiker Boris Nadeschdin sagt, er habe aus den Fehlern von Alexej Nawalny gelernt und werde seine Anhänger nicht zu Protesten aufrufen.
Das Wichtigste in Kürze
- Alexej Nawalny hatte seine Anhänger in Russland immer wieder zu Protesten aufgerufen.
- Oppositionspolitiker Boris Nadeschdin bezeichnet diese Strategie als «Fehler».
- Er wolle seine Anhänger keiner Gewalt aussetzen und Veränderungen über Wahlen erreichen.
Boris Nadeschdin wurde von der Präsidentschaftswahl in Russland ausgeschlossen, worauf sich der Oppositionspolitiker gerichtlich gegen den Entscheid wehrte. Das Oberste Gericht hat seine Klage zwar abgewiesen, doch der Liberale hatte sofort eine Berufung angekündigt.
Nadeschdin kämpft also weiter – aber laut eigenen Aussagen ohne seine Anhänger. Gegenüber der «Moscow Times» erklärte der 60-Jährige, dass er nicht zum Protest gegen seinen Ausschluss von der Präsidentschaftswahl aufrufen werde.
Konkret meint der Kriegsgegner, dass er «aus den Fehlern von Alexej Nawalny» gelernt habe. «Es würde bedeuten, meine Anhänger der Polizei und den Schlagstöcken auszusetzen», so der Politiker. Er spricht damit die unvermeidliche Gewalt an, die auf nicht genehmigte Protestteilnehmer in Russland wartet.
«Das ist nicht richtig und führt zu nichts.» Der Oppositionspolitiker betont in dem Telefongespräch, dass er weiterhin versuchen werde, «mithilfe des Justizsystems» an die Wahlurnen heranzukommen.
Alexej Nawalny setzte auf Proteste – Nadeschdin will Veränderung durch Wahlen
Der Tod von Alexej Nawalny hat einen Schleier der Verzweiflung über die seit Jahren unterdrückten Überreste der Russen-Opposition geworfen. Wie Nadeschdin wurde auch Nawalny von der Präsidentschaftskandidatur ausgeschlossen, als sein Wahlkampf 2018 aufgrund strafrechtlicher Vorwürfe blockiert wurde.
Als Reaktion auf die politisch motivierten Vorwürfe rief Nawalny zu Massenprotesten auf, die im ganzen Land brutal unterdrückt wurden.
Nadeschdin sagt, er lehne Alexej Nawalnys Taktik ab und strebe stattdessen eine Veränderung durch das Wahlsystem ab. Eine direkte Konfrontation mit den Behörden will der 60-Jährige nicht riskieren.
«Ich möchte nicht, dass es in Russland zu einer Revolution oder einem Staatsstreich kommt. Ich möchte, dass sich die Regierung aufgrund der Wahlen ändert», so der Kriegsgegner.
«Korruptionsvorwürfe funktionieren in Russland nicht»
Nadeschdin meint weiter, dass er und Alexej Nawalny sehr unterschiedliche Wege gewählt hätten. Nawalnys Ermittlungen gegen Putin und seinen verschwenderischen Lebensstil hätten einen Nerv getroffen.
«Er landete vor allem deshalb hinter Gittern, weil er Putin auf persönlicher Eben kritisierte. Er hat sehr harte Aussagen über Putin gemacht. Ich kritisiere seine Politik, aber nie ihn als Person, ich habe nie über seine persönlichen Angelegenheiten gesprochen.»
Nadeschdin erwähnt auch, dass er die Korruptions-Aufdeckungs-Strategie von Alexej Nawalny, Korruption im aktuellen Kontext Russlands für letztlich wirkungslos hält.
«Korruptionsvorwürfe funktionieren in Russland überhaupt nicht, weil die Mehrheit der Russen mehr oder weniger so denkt: ‹Wenn jemand in der Regierung ist, ist es völlig normal, dass er ein illegitimes Einkommen bezieht.›» Das sei leider so, sagt der Oppositionspolitiker.
Nadeschdin will nicht Putin für Tod verantwortlich machen
Zum Tod von Nawalny sagte Nadeschdin, dass er den Kreml-Gegner als Opfer der politischen Repressionen des Regimes betrachte. «Alexej wurde für viele Jahre mit völlig falschen Anschuldigungen ins Gefängnis gesteckt und hatte schreckliche Haftbedingungen.«
Wäre es nicht so weit gekommen, wäre der Kreml-Kritiker laut dem Oppositionspolitiker «gesund und munter». Doch während Nawalny-Verbündete und westliche Beamte Putin verantwortlich machen, will Nadeschdin nicht mit dem Finger auf den Russen-Präsidenten zeigen.
«In Russland wagt es niemand, so etwas über Putin zu sagen, und das ist einfach falsch. Warten wir auf die offiziellen Schlussfolgerungen des Experten. Und geben wir keine politische Erklärungen ab, bis wir herausgefunden haben, was passiert ist.»