Alexej Nawalny: Putin-Gegner hat aus seinen Fehlern gelernt

Simon Binz
Simon Binz

Russland,

Russen-Oppositionspolitiker Boris Nadeschdin sagt, er habe aus den Fehlern von Alexej Nawalny gelernt und werde seine Anhänger nicht zu Protesten aufrufen.

Alexej Nawalny Boris Nadeschdin
Der russische Oppositionspolitiker Boris Nadeschdin will keine Revolution in Russland, sondern eine Veränderung durch Wahlen. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Alexej Nawalny hatte seine Anhänger in Russland immer wieder zu Protesten aufgerufen.
  • Oppositionspolitiker Boris Nadeschdin bezeichnet diese Strategie als «Fehler».
  • Er wolle seine Anhänger keiner Gewalt aussetzen und Veränderungen über Wahlen erreichen.

Boris Nadeschdin wurde von der Präsidentschaftswahl in Russland ausgeschlossen, worauf sich der Oppositionspolitiker gerichtlich gegen den Entscheid wehrte. Das Oberste Gericht hat seine Klage zwar abgewiesen, doch der Liberale hatte sofort eine Berufung angekündigt.

Nadeschdin kämpft also weiter – aber laut eigenen Aussagen ohne seine Anhänger. Gegenüber der «Moscow Times» erklärte der 60-Jährige, dass er nicht zum Protest gegen seinen Ausschluss von der Präsidentschaftswahl aufrufen werde.

Glauben Sie, dass Boris Nadeschdin noch zur Präsidentenwahl in Russland zugelassen wird?

Konkret meint der Kriegsgegner, dass er «aus den Fehlern von Alexej Nawalny» gelernt habe. «Es würde bedeuten, meine Anhänger der Polizei und den Schlagstöcken auszusetzen», so der Politiker. Er spricht damit die unvermeidliche Gewalt an, die auf nicht genehmigte Protestteilnehmer in Russland wartet.

«Das ist nicht richtig und führt zu nichts.» Der Oppositionspolitiker betont in dem Telefongespräch, dass er weiterhin versuchen werde, «mithilfe des Justizsystems» an die Wahlurnen heranzukommen.

Alexej Nawalny setzte auf Proteste – Nadeschdin will Veränderung durch Wahlen

Der Tod von Alexej Nawalny hat einen Schleier der Verzweiflung über die seit Jahren unterdrückten Überreste der Russen-Opposition geworfen. Wie Nadeschdin wurde auch Nawalny von der Präsidentschaftskandidatur ausgeschlossen, als sein Wahlkampf 2018 aufgrund strafrechtlicher Vorwürfe blockiert wurde.

Als Reaktion auf die politisch motivierten Vorwürfe rief Nawalny zu Massenprotesten auf, die im ganzen Land brutal unterdrückt wurden.

Nadeschdin sagt, er lehne Alexej Nawalnys Taktik ab und strebe stattdessen eine Veränderung durch das Wahlsystem ab. Eine direkte Konfrontation mit den Behörden will der 60-Jährige nicht riskieren.

«Ich möchte nicht, dass es in Russland zu einer Revolution oder einem Staatsstreich kommt. Ich möchte, dass sich die Regierung aufgrund der Wahlen ändert», so der Kriegsgegner.

«Korruptionsvorwürfe funktionieren in Russland nicht»

Nadeschdin meint weiter, dass er und Alexej Nawalny sehr unterschiedliche Wege gewählt hätten. Nawalnys Ermittlungen gegen Putin und seinen verschwenderischen Lebensstil hätten einen Nerv getroffen.

«Er landete vor allem deshalb hinter Gittern, weil er Putin auf persönlicher Eben kritisierte. Er hat sehr harte Aussagen über Putin gemacht. Ich kritisiere seine Politik, aber nie ihn als Person, ich habe nie über seine persönlichen Angelegenheiten gesprochen.»

Boris Nadeschdin Wladimir Putin
Boris Nadeschdin werden bei der russischen Präsidentschaftswahl kaum Chancen zugerechnet - trotzdem scheint Wladimir Putin den Altliberalen schon vor der Wahl loswerden zu wollen. Die Strategie der Proteste von Alexej Nawalny will Nadeschdin aber vermeiden. - Keystone

Nadeschdin erwähnt auch, dass er die Korruptions-Aufdeckungs-Strategie von Alexej Nawalny, Korruption im aktuellen Kontext Russlands für letztlich wirkungslos hält.

«Korruptionsvorwürfe funktionieren in Russland überhaupt nicht, weil die Mehrheit der Russen mehr oder weniger so denkt: ‹Wenn jemand in der Regierung ist, ist es völlig normal, dass er ein illegitimes Einkommen bezieht.›» Das sei leider so, sagt der Oppositionspolitiker.

Nadeschdin will nicht Putin für Tod verantwortlich machen

Zum Tod von Nawalny sagte Nadeschdin, dass er den Kreml-Gegner als Opfer der politischen Repressionen des Regimes betrachte. «Alexej wurde für viele Jahre mit völlig falschen Anschuldigungen ins Gefängnis gesteckt und hatte schreckliche Haftbedingungen.«

Wäre es nicht so weit gekommen, wäre der Kreml-Kritiker laut dem Oppositionspolitiker «gesund und munter». Doch während Nawalny-Verbündete und westliche Beamte Putin verantwortlich machen, will Nadeschdin nicht mit dem Finger auf den Russen-Präsidenten zeigen.

Alexej Nawalny Wladimir Putin
Wladimir Putin bei einer Wahlkampfveranstaltung im Jahr 2018. Der russische Präsident wird mit grosser Wahrscheinlichkeit auch die diesjährige Wahl ohne wirkliche Konkurrenz gewinnen. - Keystone

«In Russland wagt es niemand, so etwas über Putin zu sagen, und das ist einfach falsch. Warten wir auf die offiziellen Schlussfolgerungen des Experten. Und geben wir keine politische Erklärungen ab, bis wir herausgefunden haben, was passiert ist.»

Kommentare

A.Mizich

Kirill Budanow, Chef des ukrainischen Militärgeheimdienstes, erklärte gestern, Alexej Nawalny sei eines natürlichen Todes gestorben. Obwohl diese Nachricht schon mehr als einen Tag alt ist, gibt es keine Berichte in den deutschen Medien.

User #4480 (nicht angemeldet)

Wenn sich der Verbrecher vor jedem und allem fürchten muss, weil sein Terrorregime auf einem maroden Fundament gebaut ist, kann sich daraus eine schwere Psychose entwickeln, wo er dann denkt, alle potentiellen Mitkonkurrenten ermorden zu müssen.

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