Auf der ISS gestrandet - vermisse meine Hunde und Familie
Zwei Astronauten sollten nur acht Tage auf der ISS bleiben, doch es könnten acht Monate werden. Die beiden nehmen es professionell.
Zwei auf der Internationalen Raumstation ISS gestrandete US-Astronauten mussten kürzlich zusehen, wie ihr Raumschiff ohne sie zur Erde zurückkehrte. «Wir waren in der Kuppel und haben unser Raumschiff beim Wegfliegen beobachtet», sagte die Astronautin Suni Williams (58) auf einer zur ISS geschalteten Pressekonferenz der US-Weltraumagentur Nasa.
Für sie und den Astronauten Butch Wilmore (61) sei die Verschiebung ihres Rückflugs jedoch keine riesige Überraschung gewesen. «Wir sind beide daran gewöhnt, dass sich Einsatzpläne ändern. Unsere Familien sind daran gewöhnt.» Williams und Wilmore wirkten gut gelaunt und witzelten miteinander.
Schon beim Hinflug von Williams und Wilmore zur ISS im Juni hatte es am Raumschiff «Starliner» Probleme gegeben. Einen bemannten Rückflug damit sah die US-Raumfahrtbehörde Nasa als zu unsicher an.
Ursprünglich sollten die beiden Astronauten acht Tage im All verbringen, nun werden es voraussichtlich acht Monate. Ihr Raumschiff «Starliner» des Herstellers Boeing war am 7. September unbemannt auf der Erde gelandet.
«Wir hatten grosses Glück»
In der Raumfahrt laufe nicht immer alles wie gewünscht, sagte Butch Wilmore. «90 Prozent unserer Schulungen bereiten uns auf das Unerwartete vor.» Und manchmal gebe es etwas, was man sich überhaupt nicht denken könne. «Wir hatten grosses Glück, dass wir die Raumstation hatten, und die Möglichkeit, zu bleiben und auf einem anderen Weg zurückzukommen», sagte Wilmore. «Die Nasa leistet grossartige Arbeit.»
Zugleich freute sich Wilmore über die Gedanken und Gebete von Menschen auf der Erde. «Wir wissen das sehr zu schätzen. Die Sorge um uns ist wirklich herzerwärmend.» Williams ergänzte: «Wir haben hier Freunde, wir haben einen Rückflug und wir freuen uns auf die nächsten paar Monate. Wir machen viele Arbeiten für die Internationale Raumstation.»
Um sich fit zu halten, trainieren beide. Wilmore sei früh um 4.30 Uhr auf, sie etwas später um etwa 6.00 Uhr, sagte Williams. Jeden Tag gebe es etwa Herz-Kreislauf-Übungen mit dem Fahrrad und auf dem Laufband.
Vom Weltraum aus wählen
Beide haben ihre Anträge, um bei den US-Wahlen im November abstimmen zu können, von der ISS aus abgegeben. «Ich freue mich darauf, vom Weltraum aus wählen zu können, was ziemlich cool ist», sagte Williams.
Die Verlängerung des ISS-Aufenthalts nimmt Wilmore gelassen. «Über Dinge, die ich nicht ändern kann, mache ich mir keine Sorgen. Das hat keinen Nutzen.» Es seien zwar schwierige Zeiten, sagte er mit Blick auf seine beiden Töchter, die auf der Highschool und der Universität seien, doch sie könnten dadurch auch gestärkt werden. «Sie werden daran wachsen, wie sie es in keiner anderen Situation hätten tun können.»
Williams ergänzte: Generell gehe es auf der ISS darum, die nächste Aktivität des Tages zu leisten. «Wir sind Profis.» In ihrem Hinterkopf habe sie jedoch an Menschen auf der Erde gedacht und daran, Zeit mit ihrer Mutter zu verbringen. Sie vermisse die Familie natürlich, aber auch ihre zwei Hunde und ihre Freunde. «Aber so viele Leute auf der Erde schicken uns Nachrichten.» Es gebe Gespräche mit Freunden und Familie, die ein Gefühl von Zuhause vermittelten.
Neue Perspektive auf die Welt
Auf die Frage, ob sie bei der Landung des Raumschiffs «Starliner» enttäuscht gewesen waren, nicht im Raumschiff zu sein, sagte Williams: «Um ehrlich zu sein, war ich so glücklich, dass es ohne Probleme nach Hause gekommen ist.» Wilmore ergänzte: «Dass wir nicht darin waren, kam mir überhaupt nicht in den Sinn.»
Für Williams ist die ISS ein Ort des Glückes. «Ich liebe es, hier im All zu sein. Es macht Spass», sagte sie und sieht die Verlängerung positiv. Auf den Planeten zu schauen, ändere die Perspektive in vielen Bereichen. «Es ist sehr friedlich hier oben.» Es sei schwer, sich vorzustellen, dass die Menschen auf der Erde nicht miteinander auskommen. «Wir haben nur diesen einen Planeten und sollten glücklich darüber sein, dass wir gemeinsam darauf leben.»