Aufruhr um Zyperns ESC-Song «El Diablo»
Von Satanismus ist die Rede und von der Huldigung des Teufels: Christlich-orthodoxe Organisationen haben am Wochenende zu einer Demonstration gegen den zyprischen Eurovision-Song «El Diablo» der Sängerin Elena Tsagrinou aufgerufen. Etliche Demonstranten versammelten sich am Samstag vor der Zentrale des Staatssenders RIK in der Hauptstadt Nikosia. International reagieren Menschen und Medien derweil verwundert auf das Ausmass der Debatte - denn über das inhaltlich eher seichte Lied sind auf Zypern mittlerweile sogar Kirche und Staat aneinander geraten.
Das Wichtigste in Kürze
- In einem zweiseitigen Schreiben hatte sich die zyprisch-orthodoxe Kirche am vergangenen Mittwoch direkt an die Regierung gewandt: Der Song müssen zurückgezogen werden, forderte die Synode.
Begründung: Das Land mache sich mit dem Lied weltweit lächerlich, indem es erkläre, sich dem Teufel zu ergeben. Der Song solle «durch einen anderen ersetzt werden, der unsere Geschichte, die Tradition und das, wofür wir stehen, zum Ausdruck bringt», hiess es in der Mitteilung.
Die Regierung reagierte prompt: Es handele sich um Freiheit in der Kunst und um einen musikalischen Wettbewerb, dem man nicht unnötige Dimensionen geben solle, sagte ein Sprecher. Auch der Staatssender RIK hält an dem Lied fest: Es gehe darin nicht etwa um die Huldigung des Teufels, sondern um den Kampf zwischen Gut und Böse, um eine Frau, die versuche, sich von einem schlechten Mann zu trennen.
«I fell in love, I fell in love, I gave my heart to el diablo», heisst es in dem Lied. Sängerin Elena Tsagrinou stellte im Nachrichtensender CNN klar, es sei eine Allegorie, der Text erzähle die Geschichte einer Frau, die versuche, sich aus einer vergifteten Beziehung zu lösen. Sie sende damit ein Signal der Stärke ans Publikum. Viel von diesem dramatischen Kampf ist im Text allerdings nicht zu erkennen: «Lo-la-lo-la-loca, I'm breaking the rules», singt Tsagrinou - sie breche die Regeln, weil sie ihr Herz dem Teufel gegeben habe, der sie seinen Engel nenne.
Tsagrinou versicherte, sie werde Zypern trotz der Kritik am Song beim diesjährigen ESC vom 18. bis zum 22. Mai in Rotterdam würdig vertreten. Von der Auseinandersetzung profitiert die Sängerin schon jetzt. Während die Online-Petition gegen «El Diablo» bisher von rund 19 000 Menschen unterzeichnet wurde, erzielte das Video auf Youtube Stand Sonntagmittag bereits mehr als 1,2 Millionen Clicks. Bei Apple Music in Zypern steht es auf Platz eins der digitalen Charts, in Griechenland schaffte es die Komposition von Jimmy Thornfeld, Laurell Barker, Oxa und Thomas Stengaard auf Platz sechs.
Ernst genommen wurde der anonyme Anruf, der vor zehn Tagen beim zyprischen Staatssender einging und mit dem die Debatte an Fahrt aufnahm. Der Anrufer drohte, den Sender anzuzünden, wenn das Lied nicht zurückgezogen werde. Die Polizei ermittelt gegen Unbekannt, bisher ohne Erfolg. Nicht zu unterschätzen ist auch die Macht der orthodoxen Kirche im EU-Staat Zypern: Zwar sind Staat und Kirche getrennt, aber die Kirche gilt als einer der grössten Arbeitgeber der Insel, mit Beteiligungen an Hotels, Banken und anderen Unternehmen.