Erste Flüchtlinge aus Berg-Karabach kommen nach Armenien
Nach der Eroberung des Berg-Karabach sind nun die ersten Flüchtlinge auf dem Weg nach Armenien.
Nach der Eroberung des Gebietes Berg-Karabach im Südkaukasus durch Aserbaidschan sind erste Flüchtlinge aus der armenischen Bevölkerung ins Mutterland Armenien evakuiert worden. Etwa 40 Personen seien am Sonntag im armenischen Grenzdorf Kornidsor angekommen, teilte die Verwaltung der Provinz Sjunik mit. Sie seien von russischen Friedenstruppen aus Karabach begleitet worden.
Der armenische Aussenminister Ararat Mirsojan forderte bei den Vereinten Nationen in New York eine UN-Mission, um die mehreren Zehntausend Armenier in Berg-Karabach zu schützen.
In Eriwan bekräftigte Ministerpräsident Nikol Paschinjan am Sonntag die Bereitschaft Armeniens, die Karabach-Armenier aufzunehmen.
Besorgniserregende Situation am Berg-Karabach
Nach kurzen heftigen Angriffen des aserbaidschanischen Militärs vergangene Woche hatten die Verteidiger der international nicht anerkannten Republik Berg-Karabach vergangene Woche die Waffen strecken müssen. Aserbaidschan will das Gebiet wiedereingliedern. Die Karabach-Armenier befürchten eine Vertreibung oder nach Jahrzehnten des Konflikts die Rache des autoritär geführten Aserbaidschans.
In der Hauptstadt Stepanakert drängen sich nach den Angriffen Flüchtlinge aus anderen Regionen von Berg-Karabach. Damit wurden Lebensmittel und Medikamente noch knapper, als sie es nach Monaten der Blockade ohnehin sind. «Familien, die nach der jüngsten Militäroperation obdachlos sind und die aus der Republik ausreisen wollen, werden nach Armenien gebracht», teilte die Führung in Stepanakert am Sonntag mit. Dies werde in Begleitung russischer Friedenstruppen in der Region geschehen.
US-Aussenminister Antony Blinken zeigte sich besorgt über die Lage der armenischen Bevölkerung in Berg-Karabach. Die USA unterstützten auch die Souveränität und territoriale Integrität Armeniens, schrieb er nach einem Telefonat mit Paschinjan im sozialen Netzwerk X (früher Twitter). Auch Bundeskanzler Olaf Scholz sagte in einem Gespräch mit Paschinjan, dass die Karabach-Armenier geschützt werden müssen.
Mit einem Flüchtlingsstrom ist zu rechnen
Die «wahrlich verheerenden Entwicklungen» in der Region hätten gezeigt, dass die Probleme «nicht allein durch Stellungnahmen und allgemeine Aufrufe» gelöst werden könnten – das sagte Armeniens Aussenminister Mirsojan am Samstag in New York. Es müsse sofort eine UN-Mission nach Berg-Karabach entsandt werden, um die Menschenrechtslage sowie die humanitäre Lage und Sicherheitssituation zu überwachen.
Es sei mit einem wachsenden Strom an Flüchtlingen zu rechnen, weil Aserbaidschan eine Politik ethnischer Säuberungen verfolge, sagte Paschinjan. Die armenische Regierung sei bereit, die Bevölkerung von Karabach aufzunehmen, wenn alle Versuche scheiterten, deren Rechte vor Ort zu schützen.
Auch verwundete Soldaten der Karabach-Armenier wurden am Sonntag mit Krankenwagen nach Armenien gebracht. Der Konvoi werde vom Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) begleitet, teilte das armenische Gesundheitsministerium in Eriwan mit. Die Rede war von 23 Verwundeten. Am Samstag hatte das IKRK geholfen, verwundete Soldaten aus mehreren Regionen Karabachs in Stepanakert zu sammeln.