Hongkonger Polizei verbietet erstmals seit 30 Jahren Tiananmen-Mahnwache
Erstmals seit 30 Jahren hat die Polizei in Hongkong eine Mahnwache zum Gedenken an die gewaltsame Niederschlagung der Proteste auf dem Pekinger Tiananmen-Platz verboten.
Das Wichtigste in Kürze
- Organisatoren der jährlichen Kundgebung: Behörden benutzen Pandemie als Vorwand.
Als Grund nannte die Polizei am Montag die wegen der Corona-Pandemie geltenden Versammlungsbeschränkungen sowie eine mögliche Ansteckungsgefahr. Die Organisatoren warfen der Polizei vor, die Pandemie lediglich als Vorwand zu benutzen, um die für Donnerstag geplante Kundgebung zu untersagen.
Die Mahnmache stelle «eine grosse Bedrohung für das Leben und die Gesundheit der Bevölkerung» dar, heisst es in einem Schreiben der Polizei an die Organisatoren, das der Nachrichtenagentur AFP vorlag und mit dem die Behörden die Genehmigung für die Kundgebung ablehnten.
«Ich verstehe nicht, warum die Regierung politische Kundgebungen für inakzeptabel hält, während sie grünes Licht für die Öffnung von Schulen und anderen Dienstleistungen gibt, von Bewirtung über Karaoke bis zu Schwimmbädern», sagte Lee Cheuk-yan, Vorsitzender der Hongkong-Allianz, die seit 1990 die jährliche Mahnwache organisiert. Die Allianz rief die Anwohner auf, stattdessen am Donnerstag um 20 Uhr an allen möglichen Orten in der chinesischen Sonderverwaltungszone eine Kerze anzuzünden und eine Schweigeminute einzulegen.
«Wenn es uns nicht erlaubt ist, bei einer Kundgebung eine Kerze anzuzünden, werden wir die Kerzen in der ganzen Stadt brennen lassen», sagte Lee. Er kündigte zudem an, die Allianz werde während der Gedenkfeier weiterhin als Forderung den Slogan «Ende der Einparteienherrschaft» skandieren. Dies solle geschehen, obwohl Peking ein neues Sicherheitsgesetz für Hongkong angekündigt hat, das Akte der Subversion, Sezession, des Terrorismus und der ausländischen Einmischung unter Strafe stellen soll.
Die Mahnwache bei Kerzenlicht zieht am 4. Juni normalerweise grosse Menschenmassen an - Hongkong ist der einzige Ort auf chinesischem Boden, an dem eine so grosse Gedenkfeier zum Jahrestag noch erlaubt war. In der Nacht zum 4. Juni 1989 war die chinesische Armee mit Panzern gegen Studenten vorgegangen, die auf dem Tiananmen-Platz in Peking für mehr Demokratie demonstrierten. Hunderte, nach einigen Schätzungen sogar mehr als tausend Menschen wurden getötet.
Mit insgesamt nur etwas mehr als tausend Virusinfektionen sowie vier Toten ist Hongkong bislang weitestgehend von der Corona-Pandemie verschont geblieben. Bars, Restaurants, Fitnessstudios sowie Kinos durften in den vergangenen Wochen wieder öffnen.