In Kolumbien wird wieder über den Frieden verhandelt
Nach zehn Monaten Pause wurden die Friedensgespräche zwischen der kolumbianischen Regierung und der ELN wieder aufgenommen.
Nach zehn Monaten Stillstand in den Friedensverhandlungen haben die kolumbianische Regierung und die Guerilla-Kämpfer der Nationalen Befreiungsarmee am Dienstag die Gespräche rund um einen Friedensvertrag wieder aufgenommen. Am Verhandlungstisch sitzt auch ein Schweizer.
Die am Dienstag begonnene Verhandlungsrunde zwischen der Nationalen Befreiungsarmee (ELN) und Regierung soll bis zum 25. November dauern. Die Friedensdelegationen der kolumbianischen Regierung und ELN wollen dabei «maximale Fortschritte erzielen», wie sie in einer gemeinsamen Erklärung betonten.
Friedensverhandlungen in Kolumbien stecken fest
Laut Philipp Lustenberger, dem Schweizer Sondergesandten für den Friedensprozess in Kolumbien, befinden sich die Friedensverhandlungen aktuell aber in einer schwierigen Situation, wie er im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA erklärte.
Der erste linksgerichtete Präsident in der Geschichte Kolumbiens, Gustavo Petro, hat die Verhandlungen mit der ELN, der grössten noch aktiven Guerilla-Gruppe in Kolumbien, kurz nach seinem Amtsantritt im August 2022 wieder aufgenommen. «Zu Beginn hat man schnell Fortschritte erzielt», sagte Lustenberger. «Anfang Jahr sind die Verhandlungen aber ins Stocken geraten.»
Chancen für Fortgang der Friedensverhandlungen
Die ELN und die Regierung beschuldigten sich gegenseitig der Nichteinhaltung von Vereinbarungen. Nach einem Angriff der Guerilla auf eine Militärbasis im September, bei dem zwei Soldaten getötet und zahlreiche weitere verletzt worden waren, hatte Petro den Friedensdialog mit der ELN dann für gescheitert erklärt und suspendiert. Bei einem Treffen Anfang November beschlossen die beiden Parteien nun, die Verhandlungen wieder aufzunehmen.
Trotz dieser Rückschläge sind die Friedensverhandlungen mit der ELN laut Lustenberger nicht verloren. «In Friedensverhandlungen gibt es immer auch Krisen und Rückschritte», so der Sondergesandte. Die grundsätzliche Bereitschaft beider Seiten, miteinander zu verhandeln, sei zentral.
Wenn die Guerilla-Kämpfer der ELN oder auch der EMC-Farc-EP, einer Splittergruppe der ehemaligen Farc-Guerilla, mit der Regierung verhandeln, sitzt Lustenberger jeweils mit am Tisch. Die Schweiz ist zusammen Deutschland, Schweden und Spanien einer von vier Staaten, die diese Friedensverhandlungen begleiten.
Schweiz spielt wichtige Rolle
Am Verhandlungstisch selber nehmen diese Begleitstaaten dabei in erster Linie eine Beobachterrolle ein. «Die beiden Parteien verhandeln direkt miteinander», erklärte der Friedensvermittler. Die internationale Präsenz sei aber wichtig, um Vertrauen zwischen den beiden Verhandlungsparteien aufzubauen und in schwierigen Situationen vermittelnd zu wirken.
«Vertrauen ist in einem Friedensprozess das wichtigste Gut», sagte Lustenberger. Das Mandat zur Begleitung der Friedensverhandlungen wurde der Schweiz sowohl von der Regierung als auch von der Guerilla-Gruppe erteilt. Die Schweiz habe dabei einen Verfassungsauftrag, das friedliche Zusammenleben in der Welt zu fördern. «Eine Erfolgsgarantie gibt es dabei nicht», so Lustenberger.
Trotzdem braucht es dem Luzerner zufolge solche Verhandlungen mit Guerilla-Organisationen und die Schweiz kann eine wichtige unterstützende Rolle spielen, um die Chancen für eine friedliche Lösung zu erhöhen. «In der Geschichte hat sich gezeigt, dass solche Konflikte nicht über rein militärische und polizeiliche Massnahmen gelöst werden können. Ausserdem sind die humanitären und wirtschaftlichen Kosten für rein militärisches Vorgehen sehr hoch», erklärte er.