Iran stellt weitere Journalistin vor Revolutionsgericht
Irans Justiz hat Anklage gegen eine weitere prominente Journalistin erhoben – Reporterin Nilufar Hamedi musste in Teheran vor Gericht erscheinen.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Reporterin Nilufar Hamedi musste vor einem Revolutionsgericht im Iran erscheinen.
- Zudem hat der Prozess gegen die Journalistin Elaheh Mohammadi begonnen.
- Die beiden Frauen waren unter den ersten, die über Jina Mahsa Aminis Tod berichteten.
Die Reporterin Nilufar Hamedi von der Zeitung «Shargh» musste am Dienstag zu einem Prozess vor einem Revolutionsgericht in der iranischen Hauptstadt Teheran erscheinen, wie ihr Ehemann Mohammed Hussein Adschorlu auf Twitter berichte. Die 30-Jährige war vor mehr als acht Monaten zu Beginn der Proteste gegen die Führung der Islamischen Republik festgenommen worden.
Erst am Montag hatte der Prozess gegen die Journalistin Elaheh Mohammadi von der Zeitung «Hammihan» begonnen. Die beiden Frauen waren im vergangenen Herbst unter den ersten, die über den Tod der jungen Kurdin Jina Mahsa Amini berichteten, was dann im Iran eine massive Protestwelle zur Folge hatte.
Ihnen wird Zusammenarbeit mit Auslandsgeheimdiensten sowie Propaganda gegen den Staat vorgeworfen. Ihre Zeitungen weisen die Vorwürfe vehement zurück. Auch Hamedi wehrte sich vor Gericht gegen die Anschuldigungen, wie ihr Ehemann berichtete. Die Prozesse sind nicht öffentlich.
Schwerste Proteste im Iran seit Jahrzehnten
Hamedi hatte Mitte September ein Foto veröffentlicht, das um die Welt ging. Es zeigt eine Umarmung von Aminis Eltern in einem Krankenhaus kurz nach dem Tod ihrer Tochter. Sittenwächter hatten die junge Frau wegen eines angeblich schlecht sitzenden Kopftuchs gewaltsam festgenommen. Sie fiel ins Koma und starb wenig später.
An ihrem Tod entzündeten sich die schwersten Proteste im Iran seit Jahrzehnten. Der Staat ging mit äusserster Härte dagegen vor.
In der Zeitung «Hammihan» kritisierte Mohammadis Anwalt Schahab Mirlohi das Verfahren. Die Verteidigung habe nicht genug Zeit zur Vorbereitung bekommen. Zudem sei ihm zum Auftakt nicht erlaubt worden, angehört zu werden.
Juristen kritisierten auch die Zuständigkeit des Revolutionsgerichts, das in Fragen der nationalen Sicherheit eingeschaltet wird. Sie forderten einen Prozess vor einem Kriminalgericht, der auch öffentlich sein soll.
Annähernd 100 Medienvertreter festgenommen
Die Sorge ist gross, dass die Frauen harte Strafen erhalten. Verhandelt wird vor einem berüchtigten Revolutionsgericht in Teheran. Sollten die Journalistinnen der Spionage schuldig gesprochen werden, könnte ein Todesurteil folgen.
Propaganda gegen den Staat sieht eine mehrjährige Haftstrafe vor. Bisher sind keine Details der Anklage bekannt. Die Unesco hatte beide Frauen Anfang Mai in Abwesenheit mit ihrem Pressefreiheitspreis ausgezeichnet.
Wie vehement der Staat während der Proteste auch gegen Medien vorging, zeigt ein Blick auf Daten des Komitees zum Schutz von Journalisten (CPJ) in New York. Demnach wurden annähernd 100 Medienvertreter festgenommen. Ein Grossteil ist inzwischen wieder auf Kaution frei.