Israel gibt grünes Licht für Abriss von Beduinendorf
In Israel gab das Oberste Gericht endgültig grünes Licht für den Abriss eines Beduinendorfs im besetzten Westjordanland.
Das Wichtigste in Kürze
- Ein im Westjordanland illegal errichtetes Beduinendorf darf abgerissen werden.
- Israels Oberstes Gericht wies die letzten Einsprüche der Bewohner ab.
Die Richter des Obersten Gerichts Israel wiesen heute Mittwoch letzte Einsprüche der Bewohner des Beduinendorfs Chan al-Ahmar gegen den Abriss zurück. Eine einstweilige Verfügung gegen den Abriss soll nun binnen einer Woche aufgehoben werden. Chan al-Ahmar, das im Westjordanland in der Nähe israelischer Siedlungen liegt, hat rund 170 Einwohner. Die meisten von ihnen leben in ärmlichen Unterkünften aus Wellblech und Holz. Israels Behörden wollen das Dorf schon seit Jahren abreissen lassen, weil es ohne Genehmigung errichtet worden sei.
Nach einem neun Jahre langen Rechtsstreit vor verschiedenen Gerichten hatte das Oberste Gericht im Mai einen Berufungsantrag der Bewohner in letzter Instanz zurückgewiesen. Der Abriss wurde zunächst aber ausgesetzt, um noch über zwei Einsprüche gegen das Urteil zu entscheiden.
Uno-Appell an Israel
Mehrere europäische Länder, die Uno und Nichtregierungsorganisationen hatten an Israel appelliert, das Dorf nicht abzureissen. Vertreter der Beduinen argumentierten, die Dorfbewohner hätten keine andere Wahl gehabt, als das Dorf ohne Genehmigung zu errichten, weil Israels Behörden in grossen Teilen des Westjordanlands gar keine Genehmigungen zur Errichtung solcher Dörfer erteilen.
Verteidigungsminister Avigdor Lieberman begrüsste heute Mittwoch die «mutige» Gerichtsentscheidung, die die Richter trotz der «heuchlerischen» und von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas organisierten Attacken von linksgerichteten Politikern und europäischer Regierungen getroffen hätten. «Niemand steht über dem Gesetz», fügte Lieberman hinzu. «Niemand wird uns davon abhalten, unsere Souveränität und Verantwortung als Staat auszuüben.»
Bewohner lehnten Umzugs-Vorschlag ab
Die israelischen Behörden haben den Dorfbewohnern vorgeschlagen, in die Nähe von Abu Dis im Westjordanland umzuziehen. Die Bewohner lehnen das jedoch ab, weil der Ort in der Nähe einer Mülldeponie und in einem städtischen Gebiet liegt, wo es kein Weideland für ihre Tiere gibt.
Die Beduinen sind arabische Nomaden, die vor allem in den Wüsten Israels und in kleinerer Anzahl in den Palästinensergebieten leben. Viele Beduinen wohnen mit Nutztierherden und oft in grosser Armut in Ortschaften, die staatlich nicht anerkannt sind. Sie klagen über Abrissmassnahmen und Zwangsumsiedlung in städtische Gemeinden sowie die Enteignung ihrer Böden und Weiden.