Israels Armee rechtfertigt ihre Grossoffensive in Dschenin als Einsatz gegen Terroristen, Premier Netanjahu spricht von Selbstverteidigung.
Während einer Kundgebung gegen die geplante Justizreform der israelischen Regierung blockieren Polizisten am Flughafen Ben Gurion Demonstranten.
Während einer Kundgebung gegen die geplante Justizreform der israelischen Regierung blockieren Polizisten am Flughafen Ben Gurion Demonstranten. - Ilia Yefimovich/dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • Israel setzt seine Militäroffensive im Westjordanland fort.
  • Die palästinensische Autonomiebehörde kündigt Konsequenzen an.
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Israels Armee hat ihre Militäroffensive im besetzten Westjordanland in der Nacht fortgesetzt. Bei Luftangriffen und Gefechten am Boden seien mindestens neun Menschen getötet worden, teilte das palästinensische Gesundheitsministerium mit.

Rund 100 weitere Palästinenser seien verletzt worden, 20 von ihnen lebensgefährlich. Bei mindestens einem Toten soll es sich Berichten zufolge um einen militanten Palästinenser handeln.

Die Armee war in der Nacht zum Montag in die palästinensische Stadt Dschenin eingerückt und hatte damit ihre erste Grossoffensive seit rund 20 Jahren begonnen. Nach eigenen Angaben beschlagnahmte sie Waffen und Sprengstoff und nahm mehrere Verdächtige fest.

Gegensätzliche Darstellungen

Palästinensische Medien meldeten gestern Abend, die israelische Armee habe angeordnet, dass Palästinenser das Flüchtlingslager in Dschenin verlassen sollten. Aufnahmen im Netz zeigten, dass viele Menschen aus ihren Häusern strömten. Israelischen Medienberichten zufolge bestritten israelische Sicherheitsbeamte hingegen, dass es einen solchen Befehl zur Evakuierung gegeben habe. Demnach flüchteten die Menschen zu Tausenden vor den Kämpfen.

Die dicht besiedelte Stadt Dschenin und das dazugehörende Flüchtlingslager mit rund 17'000 Bewohnern gelten als Hochburg militanter Palästinenser. Finanziert werden die verschiedenen Gruppierungen vor allem vom Iran, einem Erzfeind des Staates Israel.

Westjordanland
Bei einem israelischen Militäreinsatz im Norden des Westjordanlandes starben laut palästinensischen Angaben mehrere Menschen. (Archivbild) - dpa

«In den vergangenen Monaten ist Dschenin zu einem Rückzugsort für Terrorismus geworden, von dem aus heimtückische Attacken auf israelische Männer, Frauen und Kinder verübt wurden», sagte Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu bei einem Auftritt gestern Abend. «Israelische Soldaten tun alles dafür, um den Tod von Zivilisten zu vermeiden, während Israel alles dafür tut, um sein Recht auf Selbstverteidigung auszuüben.»

Ziel sei es, all jene auszuschalten, «die unser Land vernichten wollen». Die Militäroffensive werde solange dauern wie nötig, «um die Mission zu erfüllen», wurde Netanjahu von israelischen Medien zitiert.

Keine Zusammenarbeit mehr in Sicherheitsfragen

Die palästinensische Autonomiebehörde bekräftigte nach einem Treffen ihrer Führungsriege gestern Abend, dass es mit Israel in Sicherheitsfragen keine Zusammenarbeit mehr geben werde. Ähnliche Ankündigungen hatte die Autonomiebehörde schon bei früheren Gelegenheiten gemacht – sie wurden allerdings faktisch nicht umgesetzt. Beide Seiten tauschen nachrichtendienstliche Informationen aus, um Terroranschläge zu verhindern und grössere Einsätze in allein von der palästinensischen Autonomiebehörde kontrollierten Zonen zu koordinieren. Zudem soll verhindert werden, dass militante Gruppen die Oberhand in diesem Gebiet erlangen.

Die Sicherheitslage in Israel und in den palästinensischen Gebieten ist seit langem angespannt, zuletzt nahm die Gewalt aber nochmals zu. Seit Beginn des Jahres kamen mehr als zwei Dutzend Menschen bei Anschlägen von Palästinensern ums Leben. Im gleichen Zeitraum wurden mehr als 140 Palästinenser bei gewaltsamen Zusammenstössen, israelischen Militäreinsätzen oder nach eigenen Anschlägen getötet.

Israel hatte das Westjordanland und Ost-Jerusalem während des Sechstagekrieges 1967 erobert. Die Palästinenser beanspruchen die Gebiete als Teil eines eigenen Staats. Eine Zweistaatenlösung für den seit Jahrzehnten währenden Nahost-Konflikt scheint jedoch in weiter Ferne.

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