Kuala Lumpur: Neuer Stern am Architekturhimmel

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Malaysia,

Vor einem Vierteljahrhundert wurden die Petronas Towers zum höchsten Gebäude der Welt erklärt – und machten Kuala Lumpur international bekannt. Jetzt dominiert ein neuer Wolkenkratzer die Skyline der malaysischen Hauptstadt. Und der hat Symbolkraft.

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Die Petronas Towers in Kuala Lumpur bei Nacht. Die 452 Meter hohen Zwillingstürme waren von 1998 bis 2004 das höchste Gebäude der Welt. - Carola Frentzen/dpa

Kuala Lumpur ist eine Boomtown, eine jener aufstrebenden asiatischen Metropolen, deren prächtige Skyline im ständigen Wandel ist. Auf die Hitliste der weltweiten Touristenziele rückte die Hauptstadt von Malaysia aber erst durch den Bau der Petronas Towers mit ihrer ikonischen Skybridge, die die beiden Türme im 41. Stock verbindet. Vor 25 Jahren, am 15. April 1998, wurden die beiden Wolkenkratzer mit einer Höhe von 452 Metern offiziell zum damals höchsten Gebäude der Welt erklärt – erstmals ging dieser Titel damit an ein Bauwerk ausserhalb der USA. Nun greift «KL», wie die Stadt im Volksmund genannt wird, wieder nach den Sternen.

In Chinatown entsteht gerade der gewaltige Turm Merdeka 118. Wie der Name verrät, hat er 118 Stockwerke – und ist mit einer Höhe von 678,9 Metern das momentan zweithöchste Gebäude des Planeten. Zum Vergleich: Das ist mehr als doppelt so hoch wie der Eiffelturm und fast dreimal so hoch wie das höchste Hochhaus in Deutschland, der von Norman Foster entworfene Commerzbank-Turm in Frankfurt (259 Meter). Den Spitzenplatz hält weiter der 828 Meter hohe Burj Khalifa in Dubai. Dem effektvollen Rekordhalter im Wüsten-Emirat den Rang abzulaufen, dürfte eine gewaltige Herausforderung werden.

«Es war ein ziemlicher Hype»

«Es war ein ziemlicher Hype, als die Petronas Towers damals eröffnet wurden. Die Malaysier waren total stolz auf diese Pracht», sagt der Sänger Siva Kumar, der selbst schon in dem Skyscraper aufgetreten ist. «Die Zwillings-Türme haben auch viele Touristen in die Stadt gelockt, besonders wegen der Skybridge.» Bis heute strömen abends Massen Schaulustiger an, um auf dem Platz davor die «Lake Symphony» zu erleben, ein faszinierendes Spektakel aus Wasserfontänen, Licht und Musik. Innen erwartet Besucher Kuala Lumpurs bekanntestes Einkaufszentrum, «Suria KLCC».

Sechs Jahre lang wurde an den Petronas Towers gebaut. Auf den ersten Blick wirken sie futuristisch, wie ein gigantisches Raumschiff oder «wie zwei silberne Raketen, die einer Episode von Flash Gordon entsprungen sind». So beschreibt zumindest der «Lonely Planet» die Konstruktion. Sie verkörperten «die perfekte Allegorie für den kometenhaften Aufstieg der Stadt von einem Kaff für Zinnarbeiter zur Metropole des 21. Jahrhunderts», meint der Kultreiseführer.

Wahrzeichen mit Symbolkraft

Erbaut wurde das Wahrzeichen vom Mineralölkonzern Petronas und dem preisgekrönten argentinischen Architekten César Pelli (1926-2019). Trotz des modernistischen Anscheins stecken traditionelle Motive der islamischen Kunst im Design, eine Hommage an die muslimische Prägung Malaysias. Der Grundriss entspricht der Form eines achteckigen Sterns, dessen Innenkanten nach aussen gewölbt sind. Die Spitzen sind einem Minarett nachempfunden.

Immerhin sechs Jahre lang, von 1998 bis 2004, hielten die Türme ihren Rekordtitel – dann wurden sie vom 508 Meter hohen «Taipei 101» in der taiwanischen Hauptstadt Taipeh überholt. Welche Höhenflüge die Architektur in den vergangenen 20 Jahren vollbracht hat, zeigt ein Blick in die derzeitige Rangliste: Die Petronas Towers liegen gerade einmal auf Platz 19, der Turm in Taipeh ist auf Platz 11 gerutscht.

Und dennoch ist Malaysia (fast) wieder bis an die Spitze geschossen – dank des gigantischen Merdeka 118, der Kuala Lumpur aus allen Richtungen dominiert. Baubeginn war 2015, fertiggestellt wird der schlanke Turm laut Bauherr PNB Merdeka Ventures voraussichtlich Ende des Jahres. «Im 115. und 116. Stockwerk wird die höchste Aussichtsplattform Südostasiens und die zweithöchste der Welt liegen – eine aufregende globale Touristenattraktion», sagte der CEO Tengku Dato’ Ab. Aziz Tengku Mahmud der Deutschen Presse-Agentur. Zudem sei ein siebenstöckiges Shoppingparadies namens «118 Mall» geplant.

«Katalysator für Veränderung»

Gesamtkosten der Konstruktion aus Glas, Stahl und besonders nachhaltigem Beton: 7 Milliarden malaysische Ringgit (1,4 Milliarden Euro). «Wir sehen diese Investition als Katalysator für Veränderung und Verjüngung in diesem historischen Gebiet», so der Bauherr. Merdeka 118 steht ganz in der Nähe des berühmten Merdeka-Stadions. Ein wahrlich geschichtsträchtiger Ort: Hier wurde 1957 die Unabhängigkeitserklärung der Föderation Malaya von Grossbritannien verlesen. Merdeka bedeutet übersetzt Unabhängigkeit.

Das Design des neuen Riesen erinnert an diesen historischen Tag: «Die Turmspitze symbolisiert die ausgestreckte Hand von Malaysias erstem Premierminister, dem verstorbenen Tunku Abdul Rahman Putra Al-Haj, der 1957 im Stadion Merdeka die Unabhängigkeit des Landes ausrief», erläutert Mahmud. Das Foto des Moments, in dem Abdul Rahman die rechte Hand in den Himmel streckt und «Merdeka! Merdeka! Merdeka!» ruft, kennt in Malaysia jedes Kind.

Verschwendung oder Meilenstein?

Der Rest des Baus, der je nach Himmelsfarbe wie ein geschliffener Diamant in immer anderen Schattierungen leuchtet, sei von traditionellen Mustern der malaysischen Songket-Textilien inspiriert, heisst es vom australischen Architekturbüro Fender Katsalidis. Die geometrischen Formen seien auch nützlich gewesen, um dem Bau strukturelle Stabilität zu verleihen. Ein Gebäude dieser Komplexität zu schaffen, sei eine grosse Errungenschaft, sagt Karl Fender, einer der Gründer des renommierten Büros. Dass es das zweithöchste Gebäude der Welt sei, sei ein «Meilenstein» und «ein willkommener Bonus».

Und was sagen die Einwohner? Hier scheiden sich die Geister. «Ich freue mich schon auf die Eröffnung von Merdeka 118, weil der Wolkenkratzer für Wirtschaftswachstum steht und neue Job-Möglichkeiten bietet», meint Sänger Siva Kumar. Der Personalberater Lee Chang Sern sagt hingegen: «Ich denke, dass Malaysia keinen weiteren Mega-Wolkenkratzer braucht, weil unser Land bereits jetzt viele Büros hat, die nicht genutzt werden. Das ist eine Verschwendung der Ressourcen unserer Nation.»

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