Leben unter Toten – In Manila wohnen Tausende auf dem Friedhof

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Philippinen,

Manilas (PHL) grösster Friedhof ist kein Ort nur für die Toten. Hier leben auch mehrere Tausend Familien, für viele die Ärmsten der Armen. Manche direkt neben dem Sarg der eigenen Verwandtschaft.

Tausende Familien leben am «Manila North Cemetery».
Tausende Familien leben am «Manila North Cemetery». - dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • Auf dem Nordfriedhof von Manila (PHL) liegen rund eine Million Menschen begraben.
  • Gleichzeitig leben dort mehrere Tausend Familien.
  • Menschen schlafen auf dem «Cementerio del Norte» auf Gräbern.

Mercy Silva lebt noch unter einem Dach mit ihrer Mutter. Auf den Philippinen ist das für eine Frau von 43 Jahren keine grosse Besonderheit. In dem hochkatholischen Inselstaat wird noch mehr Wert auf die Familie gelegt als anderswo. So weit so gut. Allein: Mercy lebt zwar mit ihrer Mutter zusammen, aber die Mutter nicht mehr mit ihr. Mercedes Z. Carreon (1953-2010) ist schon seit mehr als acht Jahren tot.

Mercy Silva teilt sich mit ihrer Mutter deren Grab, auf dem Nordfriedhof von Manila, dem grössten der Hauptstadt. Die Matratze, auf der sie nachts schläft, ist nur durch eine dünne Marmorplatte vom Sarg getrennt. «Man gewöhnt sich daran», sagte sie. Ausserdem sind in der Gruft, die der Familie seit sechs Jahrzehnten gehört, noch zwei Dutzend weitere Leute zuhause. Männer und Frauen, jung und alt, lebend und tot.

Auf dem Cementerio del Norte kommt das häufiger vor. Ausser einer Million Toten, darunter mehrere Präsidenten, haben hier auch mehr als 5000 Menschen, die noch am Leben sind, eine Heimat gefunden. Manila, ein Moloch von Stadt, leidet unter einem chronischen Mangel an Unterkünften. Von den 13 Millionen Bewohnern schlafen viele in Wellblechbaracken, unter Brücken, entlang der grossen Strassen. Die auf dem Friedhof sind für viele die Ärmsten der Armen.

Ein junger Mann schläft auf einem Grab des Friedhofs.
Ein junger Mann schläft auf einem Grab des Friedhofs. - dpa

Normaler Alltag

Was nicht bedeutet, dass hier kein normales Leben möglich wäre: Auf einem der Gräber kocht eine Frau Hühnchen, daneben hängt ihre Wäsche. Aus einer Gruft verkauft ein älterer Herr Trockenshampoo und Instant-Nudeln. Auf einer Steinplatte hält ein Junge unter dem Jesuskreuz Mittagsschlaf. An jeder Ecke hört man eine der philippinischen TV-Seifenopern aus dem Fernseher plärren. Der Strom kommt vom Generator. Fliessend Wasser gibt es hier nicht.

Das heisst aber keineswegs, das der Cementerio del Norte ein idyllischer Ort wäre. Verbrechen gibt es auch hier. Und gestorben wird hier auch: Bei Polizeirazzien, die Teil des brutalen Anti-Drogen-Kriegs von Präsident Rodrigo Duterte waren, wurden in den vergangenen Monaten mindestens 10 echte oder vermeintliche Drogenkriminelle getötet. Angeblich handelten sie mit Shabu, wie die Billigdroge Chrystal Meth auf den Philippinen heisst.

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