Mehr als 2000 Tote bei Erdbeben in Marokko
Die Zahl der Toten nach dem verheerenden Erdbeben in Marokko steigt auf über 2000, weitere 2000 Personen wurden verletzt.
Das Wichtigste in Kürze
- Marokko passt die Opferzahl nach dem Erdbeben auf 2012 an.
- Das Land hat bislang keine Hilfe von ausländischen Einsatzkräften angefordert.
- Die marokkanischen Fussballer spenden Blut für die über 2000 Verletzten.
Nach dem schweren Erdbeben in Marokko haben die Menschen in den Katastrophengebieten die zweite Nacht in Unsicherheit und Trauer um die Opfer verbracht. Die Zahl der Toten stieg nach Behördenangaben auf inzwischen 2012. Mindestens 2059 weitere Menschen wurden verletzt, mehr als die Hälfte davon schwer. Dies berichteten marokkanische Medien in der Nacht unter Berufung auf das Innenministerium.
Das Beben vom späten Freitagabend war das schlimmste seit mehreren Jahrzehnten in dem nordafrikanischen Land. König Mohammed VI. ordnete eine dreitägige Staatstrauer an.
Auch deutsche Einsatzkräfte halten sich bereit
Trotz zahlreicher Hilfsangebote aus aller Welt hat die Regierung des Landes bislang offiziell keine Unterstützung angefordert. Dieser Schritt ist nötig, bevor ausländische Rettungskräfte eingesetzt werden können. Dennoch halten sich Einsatzkräfte des Technischen Hilfswerks (THW) und von weiteren Hilfsorganisationen in Deutschland und anderen Ländern für einen möglichen Flug in das Katastrophengebiet bereit. «Von unserer Seite ist alles in die Wege geleitet», sagte eine Sprecherin des THW gestern Abend der Deutschen Presse-Agentur.
Auch die Staats- und Regierungschefs der EU boten in einem Brief an den König ihre Hilfe an und drückten ihre Anteilnahme aus. «Als enge Freunde und Partner Marokkos sind wir bereit, Ihnen in jeder Weise zu helfen, die Sie für nützlich halten.»
Suche nach Überlebenden unter den Trümmern
Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO sind mehr als 300'000 Menschen in Marrakesch und umliegenden Gebieten von der Katastrophe betroffen. Örtliche Rettungskräfte suchten zusammen mit Soldaten unter Trümmern weiter nach Überlebenden.
«Meine Frau, meine Kinder und ich versuchten, das Haus zu verlassen, aber meine kleine Tochter und mein Vater, der 102 Jahre alt ist, blieben. Ich habe versucht, zurückzugehen, um sie herauszuholen, aber vergeblich: Mein Vater und meine Tochter sind dort gestorben», schilderte ein Überlebender in der Stadt Imintanoute der Nachrichtenseite Hespress.
Es wurde unterdessen befürchtet, dass die Zahl der Opfer weiter steigt, wenn Einsatzkräfte entlegene Regionen erreichen. Das ganze Ausmass der Naturkatastrophe war daher zunächst weiter ungewiss.
Erdbeben in Nordafrika relativ selten
Das Epizentrum lag gut 70 Kilometer südwestlich von Marrakesch im Atlasgebirge. Dort liegen Ortschaften entlang steiler und kurvenreicher Serpentinen. Da Erdbeben in Nordafrika relativ selten auftreten, sind Gebäude nach Einschätzung von Experten nicht robust genug gebaut, um solchen starken Erschütterungen standzuhalten. Das Beben der Stärke 6,8 hatte am späten Freitagabend Panik ausgelöst.
In Gebieten vom Atlasgebirge bis zur Altstadt von Marrakesch wurden einige Gebäude zerstört und berühmte Kulturdenkmäler beschädigt. Das Beben sei in einem Umkreis von 400 Kilometern zu spüren gewesen, sagte Nasser Jabour, Leiter einer Abteilung des Nationalen Instituts für Geophysik, der marokkanischen Nachrichtenagentur MAP.
Es dauerte mehrere Sekunden an. Nach Angaben der US-Erdbebenwarte USGS ereignete sich das Beben in einer Tiefe von 18,5 Kilometern. Erdbeben in einer solch geringen Tiefe sind Experten zufolge besonders gefährlich.
Sportler spenden Blut
Marokkos Fussball-Nationalspieler und ihre Trainer spendeten nach dem Erdbeben Blut. In einer Story auf dem Instagram-Kanal der nordafrikanischen Auswahl wurden gestern diverse Profis kurz gezeigt, wie ihnen mit einer Kanüle im Arm Blut abgenommen wird.
Marokko liegt auf der sogenannten Afrikanischen Platte, die weltweit eine der grössten Kontinentalplatten ist. Beim Erdbeben in Marokko hätten sich Schollen der Afrikanischen und der Eurasischen Platte, die nördlich davon liegt, ruckartig gegeneinander bewegt, erklärte der Seismologe Torsten Dahm vom Geoforschungszentrum Potsdam (GFZ).
Das Zusammenstossen an sich sei ein ständiger und langsamer Vorgang, der dazu führt, dass die Platten sich verbiegen und Spannung aufbauen. Diese könne sich wie in diesem Fall ruckartig entladen.