Mehr als 200.000 Corona-Tote in Indien

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Indien,

Das Gesundheitssystem Indiens ist durch die verheerende zweite Welle am Limit, die Sauerstoffversorgung bleibt kritisch. Hilfe soll nun von Aussen kommen. Sorge bereitet auch eine Virusvariante.

Frauen erhalten im nordinischen Srinagar eine Corona-Impfung. In dem Riesenland haben bislang weniger als zehn Prozent der Menschen mindestens eine Impfdosis erhalten. Foto: Dar Yasin/AP/dpa
Frauen erhalten im nordinischen Srinagar eine Corona-Impfung. In dem Riesenland haben bislang weniger als zehn Prozent der Menschen mindestens eine Impfdosis erhalten. Foto: Dar Yasin/AP/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Kaum Sauerstoff, Ärzte und Krankenhauspersonal am Limit, überlastete Krematorien.

Kein Land weltweit erlebt derzeit eine so dramatische Corona-Krise wie Indien.

Die zweite Welle hat das südasiatische Land mit seinen 1,3 Milliarden Einwohnern stark getroffen. Besonders in der Hauptstadt Delhi sind Krankenhausbetten und Medikamente Mangelware. Familien warten mit ihren an Covid-19 erkrankten Angehörigen vor den Kliniken oft vergeblich. Viele Menschen sterben, bevor sie ein Arzt überhaupt behandeln kann.

Auch die Daten zeichnen ein verheerendes Bild. Seit Tagen werden täglich mehr als 300.000 Neuinfektionen registriert, Tausende sterben im Zusammenhang mit dem Coronavirus. Seit Pandemiebeginn gibt es nun insgesamt mehr als 200.000 Corona-Tote im Land, wie aus den Zahlen des indischen Gesundheitsministeriums vom Mittwoch hervorgeht. Experten befürchten, dass die tatsächliche Zahl der Toten deutlich höher sein dürfte. Krankenhäuser weisen Angehörige teils an, selbst Sauerstoff für ihre Kranken zu organisieren. Einige noch gesunde Menschen sichern sich eigene Vorräte - falls es sie auch noch trifft.

Dabei hofft das Land auf internationale Hilfe. Der deutsche Botschafter in Indien, Walter J. Lindner, sagte dem indischen TV-Sender CNN-News 18, dass Indien in der Covid-Krise viel getan habe, Impfstoffe und Medikamente hergestellt habe, und es nun Zeit für Freunde sei, mitzuhelfen. Deutschland wolle eine Sauerstoffproduktionsanlage der Bundeswehr nach Indien bringen. Auch sollen Beatmungsgeräte und das Medikament Remdesivir geliefert werden, das als Virenhemmer bei Covid-19-Patienten zum Einsatz kommt.

Russland brachte nach Kreml-Angaben am Mittwoch 22 Tonnen Hilfsgüter auf den Weg, darunter 75 Beatmungsgeräte, 20 Anlagen zur Erzeugung von Sauerstoff und 200.000 Packungen mit Medikamenten. Präsident Wladimir Putin und der indische Regierungschef Narendra Modi begrüssten bei einem Telefonat die Zulassung des russischen Impfstoffes Sputnik V in Indien. Von Mai an sollen in Indien 850 Millionen Dosen des bereits in mehr als 60 Staaten - aber nicht in der EU - zugelassenen Impfstoffes hergestellt werden.

Der britische Thronfolger Prinz Charles rief zu mehr internationaler Hilfe für Indien auf. «Zusammen werden wir diesen Kampf gewinnen», schrieb Charles am Mittwoch in einer öffentlichen Nachricht an die Menschen in Indien. Er sei tief traurig über die tragischen Bilder aus dem Land. Die Betroffenen in Indien seien in seinen Gedanken und Gebeten.

Zu Spenden riefen am Mittwoch auch die Diakonie Katastrophenhilfe und Caritas international auf. Caritas stellt nach eigenen Angaben sofort weitere 500.000 Euro für Hilfen bereit. Damit sollten 150 Quarantäne-Zentren in der Nähe von Krankenhäusern unterstützt werden. Dafür seien etwa Inhalationsgeräte und Sauerstoffmessgeräte angeschafft worden. Zudem wolle Caritas Aufklärungskampagnen starten, in denen über Hygieneregeln und Impfungen informiert werde. Neben medizinischer Hilfe sei demnach auch das Unterstützten von ärmeren Menschen, etwa Wanderarbeitern wichtig. Wegen der Ausgehbeschränkungen würden sie in akute Not geraten. Im Land gibt es in besonders betroffenen Gebieten regionale Lockdowns.

Als einen Grund für die besonders verheerende zweite Welle führen Experten oft die grosse Sorglosigkeit im Hinblick auf Corona-Regeln im Land an. Auch die Virusmutante B.1.617 steht im Verdacht, eine Rolle zu spielen. Der Virologe Christian Drosten zeigte sich angesichts der bisherigen Erkenntnisse über die indische Corona-Variante jedoch relativ gelassen. Die Variante sei zwar etwas verbreitungsfähiger und robuster gegen die Immunität, sagte der Wissenschaftler von der Charité in Berlin im Podcast «Coronavirus-Update» (NDR-Info) vom Dienstagabend. Das sei aber auch im Vergleich mit anderen Varianten «nichts, was einen wirklich gross beunruhigt».

Dorsten zufolge gebe es noch weitere Effekte: Herdenimmunität sei in Indien einer Studie zufolge bei weitem noch nicht erreicht gewesen. Es werde nun eine Bevölkerung durchseucht, die schon ein bisschen die Anfangsimmunität aus den bisherigen Wellen zu verlieren beginne. Zudem haben in Indien bislang weniger als zehn Prozent der Menschen mindestens eine Impfdosis erhalten - und das obwohl Indien eigentlich als «Apotheke der Welt» bekannt ist und massenhaft Impfstoffe herstellt.

Ab Mai sollen sich in Indien alle ab 18 Jahren impfen lassen dürfen. Allerdings gibt es weiterhin Engpässe, immerhin braucht es für die grosse Bevölkerung mit mehr als 1,3 Milliarden Menschen auch viel Impfstoff. In Indien mit der zweithöchsten Bevölkerung weltweit wurden insgesamt rund 17,6 Millionen Corona-Fälle registriert.

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