Präsident Pedro Castillo löst Kongress auf und wird verhaftet
Das Wichtigste in Kürze
- Nach der Absetzung und Festnahme des Präsidenten erwarten Peru chaotische Tage.
- Die Auflösung des Kongresses kam bei Verbündeten und Gegnern nicht gut an.
- Es wird von einem Staatsstreich gesprochen.
Pedro Castillo wollte mit der Auflösung des Kongresses einem Misstrauensvotum im Parlament zuvorkommen. Jedoch hat er sich dabei verkalkuliert.
Diesen Staatsstreich hat sein eigenes Kabinett und auch die Opposition gewittert. So liessen sie den linken Politiker auflaufen. Der frühere Dorfschullehrer sass am Ende des Tages in Haft. Mit dem Vorwurf, dass er rebelliert hat.
Mit grosser Mehrheit enthob der Kongress den 53-Jährigen am Mittwoch wegen «dauerhafter moralischer Ungeeignetheit» des Amtes. Gegen den Staatschef laufen eine ganze Reihe von Ermittlungsverfahren wegen Korruptions- und Plagiatsvorwürfen.
101 Parlamentarier stimmten schliesslich für die Amtsenthebung, 6 dagegen und 10 enthielten sich. Das eindeutige Votum hat sich Castillo mit seiner Machtprobe wohl selbst zuzuschreiben. Noch am Morgen war unklar gewesen, ob die 87 Stimmen für den Misstrauensantrag überhaupt zusammenkommen.
Castillo: Kongress hat Rechtsstaat und Demokratie zerstört
Dann kündigte Castillo die Auflösung des Kongresses an. Er wollte eine Notstandsregierung einsetzen und künftig per Dekret regieren. «Der Kongress hat den Rechtsstaat, die Demokratie und das Gleichgewicht zwischen den Staatsgewalten zerstört», sagte Castillo. «Wir rufen alle Institutionen der Zivilgesellschaft und alle sozialen Gruppen dazu auf, die Entscheidung zu unterstützen.»
Castillo hatte sich offenbar verspekuliert. Zwar ist der Kongress, der als durch und durch korrupt gilt, laut Umfragen noch deutlich unbeliebter als die Regierung. Doch mit seiner Kraftprobe ging der Staatschef wohl zu weit: Zahlreiche Kabinettsmitglieder gingen ihm von der Fahne, allen voran Vizepräsidentin Dina Boluarte.
«Ich lehne die Entscheidung von Pedro Castillo ab, durch die Auflösung des Kongresses den Zusammenbruch der verfassungsmässigen Ordnung herbeizuführen. Das ist ein Staatsstreich, die die peruanische Gesellschaft unter strikter Einhaltung der Gesetze überwinden muss», schrieb sie auf Twitter.
Nach der Absetzung Castillos durch das Parlament wurde Boluarte als neue Präsidentin vereidigt. «Ich bin mir der enormen Verantwortung bewusst, die auf mich zukommt, und rufe zur Einheit aller Peruaner auf». Dies sagte die 60-jährige Juristin in ihrer Antrittsrede im Kongress. Boluarte ist die erste Staatschefin in der Geschichte des südamerikanischen Landes.
Castillo wurde schliesslich im Zentrum der Hauptstadt Lima festgesetzt. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm einen Angriff auf die verfassungsmässige Ordnung des Landes vor. Gegen ihn werde wegen Rebellion ermittelt, teilte die Generalstaatsanwaltschaft mit.
Mexiko bietet Castillo Asyl an
Die USA verurteilten die Auflösung des Kongresses durch Castillo als Verfassungsbruch. Mexikos Regierung hingegen zeigte sich aufgeschlossen, dem abgesetzten Präsidenten Asyl zu gewähren.
Die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) stellte sich hinter die neue Präsidentin Boluarte. «Heute wurde in Peru in die verfassungsmässige Ordnung eingegriffen. Ich versichere Dina Boluarte unsere Unterstützung für die Demokratie, den Frieden und die Institutionen in Peru». Dies sagte OAS-Generalsekretär Luis Almagro.
Castillos Regierung stand seit dem Amtsantritt des ehemaligen Dorfschullehrers im Juli vergangenen Jahres unter Druck. Wegen verschiedener Vorwürfe und Meinungsverschiedenheiten räumten immer wieder wichtige Minister ihre Posten.
Der Linkspolitiker hatte bis zu seiner Wahl zum Präsidenten nie ein politisches Amt inne. Der Bauer, Lehrer und Gewerkschaftler vertrat vor allem das ländliche Peru. Doch gerade Landwirte und Indigene konnten vom beachtlichen Wirtschaftswachstum der vergangenen Jahre kaum profitieren und leben oft in bitterer Armut. Während der Corona-Pandemie hatte Peru eine der höchsten Sterblichkeitsquoten weltweit.
Die peruanische Politikwissenschaftlerin Andrea Moncada im Fachmagazin «Americas Quarterly» sagte: «Es ist klar, dass Castillo glaubte, auf diese Weise ein Amtsenthebungsverfahren vermeiden zu können. Aber es war eine impulsive, schlecht durchdachte Entscheidung.»
Die Regierung des Linkspolitikers befand sich zudem in einem permanenten Machtkampf mit dem von konservativen Kräften dominierten Parlament. Zuletzt verweigerte der Kongress dem Staatschef die Erlaubnis, zum Gipfel der Pazifik-Allianz nach Mexiko zu reisen.