Russland will deutsches Röntgen-Teleskop gegen Willen Berlins nutzen
Die russische Raumfahrtagentur Roskosmos will das deutsche Satelliten-Teleskop Erosita trotz der von Berlin abgebrochenen Zusammenarbeit in Betrieb nehmen.
Das Wichtigste in Kürze
- Das Teleskop war wegen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine und der darauf folgenden westlichen Sanktionen gegen Moskau vom deutschen Max-Planck-Institut in den Schlafmodus versetzt worden.
Die russische Raumfahrtagentur Roskosmos will das deutsche Satelliten-Teleskop Erosita trotz der von Berlin abgebrochenen Zusammenarbeit wieder in Betrieb nehmen. «Ich habe die Anweisung erteilt, damit zu beginnen, die Arbeit des deutschen Teleskops im System »Spektr-RG« zusammen mit dem russischen Teleskop wiederherzustellen», sagte Roskosmos-Chef Dmitri Rogosin in einem am Samstag ausgestrahlten Fernsehinterview.
Erosita war 2019 an Bord des russischen Satelliten Spektrum-Röntgen-Gamma (Spektr-RG) mit einer Proton-Rakete ins All geschossen worden. Es dient zusammen mit einem russischen Teleskop der Weltraumbeobachtung und kann Galaxien in Millionen Kilometer, Entfernung von der Erde durchleuchten. Russische und deutsche Forscher konnten gemeinsam die Daten auswerten. Ziel der gemeinsamen wissenschaftlichen Mission war unter anderem der Nachweis von Schwarzen Löchern in nahe gelegenen Galaxien.
Die nach Kriegsbeginn von Deutschland gestoppte Beobachtung will Rogosin nun einseitig mit der Quasi-Übernahme des Teleskops wieder aufnehmen. «Diejenigen, die diese Entscheidung (zum Stopp der Zusammenarbeit) getroffen haben, besitzen heute kein moralisches Recht dazu, die Forschungen für die Menschheit zu beenden, schon einzig deswegen, weil ihre faschistische Haltung der unserer Feinde ähnelt», sagte der russische Top-Manager.
Der wissenschaftliche des Projekts Spektrum-Röngen-Gamma, Raschid Sjunjajew, warnte hingegen vor einseitigen Schritten. Die Wiederinbetriebnahme könne nur mit dem deutschen Einverständnis erfolgen - ansonsten drohe das Teleskop kaputt zu gehen.
Rogosin, der früher russischer Botschafter bei der Nato war, profiliert sich seit geraumer Zeit als Hardliner gegenüber dem Westen. So erklärte er schon 2014 angesichts der US-Sanktionen nach der russischen Krim-Invasion, US-Astronauten sollten doch bitte künftig «mit dem Trampolin» zur Internationalen Raumstation ISS fliegen. Auch im Krieg gegen die Ukraine ist er ein lautstarker Unterstützer.