Samantha Azzopardi ist Australiens berüchtigtste Betrügerin
Am Freitag wurde Samantha Azzopardi in Melbourne zu zwei Jahren Haft verurteilt. Über ein Jahrzehnt hinweg sorgte die Betrügerin für bizarre Geschichten.
Das Wichtigste in Kürze
- Samantha Azzopardi wurde am Freitag in Melbourne wegen «Kinderdiebstahls» verurteilt.
- Die 32-Jährige aus Australien gilt in Down Under als berüchtigte Betrügerin.
- Über Jahre hinweg sorgte Azzopardi auf mehreren Kontinenten für bizarre Geschichten.
Emily Peet, Lindsay Coughlin, Dakota Johnson, Georgia McAuliffe, Harper Hernandez, Harper Hart. Hinter all diesen Namen – und vielen mehr – steht eine einzige Frau: Samantha Azzopardi. Die 32-Jährige aus Sydney gilt als Australiens berüchtigtste Betrügerin, hat aber längst nicht nur in Down Under eine gewisse Berühmtheit erlangt.
Ihr jüngstes Verbrechen im australischen Bundesstaat Victoria ist exemplarisch für ihre Geschichte: Samantha Azzopardi hatte im Jahr 2019 falsche Qualifikationen vorgetäuscht, um einen Job als Kindermädchen zu ergattern, und fuhr die zwei kleinen Kinder, um die sie sich kümmern sollte, statt zu einem Picknick im Park, zu einem 200 Kilometer entfernten Ort.
A fake nanny has been jailed for stealing three children from two families, but could be free within days. Samantha Azzopardi duped parents into believing she was an experienced au pair and talent scout before taking off with their children. @JaydeVincent #7NEWS pic.twitter.com/tY0EiGamRP
— 7NEWS Melbourne (@7NewsMelbourne) May 28, 2021
Bevor ein Polizeibeamter die junge Frau dort mit den Kindern entdeckte, hatte sie einen naheliegenden Dienst für psychische Gesundheit aufgesucht. Dort gab sie vor eine schwangere Teenagerin zu sein. Sie hatte sich in eine Schul-Uniform gekleidet und sogar eine unbekannte Person dazu gebracht, den Dienst anzurufen und sich als ihr Vater auszugeben.
Als der Schwindel schliesslich aufflog, weigerte sie sich, die Identität der von ihr «entführten» Kinder (4 Jahre und 10 Monate alt) bekannt zu geben. Sie wurde verhaftet und befindet sich seither in Haft.
Wegen des «Kinderdiebstahls» musste sie sich am vergangenen Freitag vor einem Gericht in Melbourne verantworten und wurde zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt. Das heisst, sie wird schon bald wieder auf freiem Fuss sein.
Die Richterin meinte bei der Urteilsverkündung, das Motiv hinter dem «bizarren Verbrechen» bleibe unklar...
Samantha Azzopardi leidet unter «pseudologia fantastica»
Ein «unklares Motiv» und «bizarre Verbrechen» scheinen bei Samantha Azzopardi's Geschichten dazuzugehören. In der Vergangenheit behauptete sie etwa Teil der schwedischen Königsfamilie zu sein, oder gab sich als russische Turnerin aus, deren ganze Familie einen dramatischen Tod bei einem Mord-Suizid starb.
Ihn ihren 20ern und frühen 30ern stellte sie sich in ihren Geschichten zudem auch immer wieder als junge Teenagerin dar. Wie die britische «BBC» berichtet, sei sie mit ihrer schlanken Figur, der sanften Stimme und ihrer Neigung, nervös an ihren Fingern zu kauen, auch immer wieder damit durchgekommen.
Seit Jahren hatte Samantha Azzopardi demnach Probleme mit den Behörden. Sie wurde etwa aus dem Ausland abgeschoben und sass auch schon früher für kurze Zeit Mal im Gefängnis.
Wie die Richterin am Freitag betonte, gab es keine klare Motivation für ihre Handlungen und sie scheine auch nicht aktiv nach Ruhm zu streben. Während der Verhandlung erfuhr das Gericht, dass bei Azzopardi eine schwere Persönlichkeitsstörung diagnostiziert wurde.
Zudem wurde bei ihr laut einem medizinischen Gutachter auch ein seltener Zustand namens «pseudologia fantastica» festgestellt. «Pseudologia fantastica» manifestiert sich in zwanghaftem Lügen.
Opfer sind verstreut über mehrere Kontinente
Die Opfer von Samantha Azzopardi sind verstreut über mehrere Kontinente, die Fälle liegen teils 11 Jahre auseinander. In Irland versuchten die Behörden beispielsweise im Jahr 2013 mehrere Monate lang ihre Identität zu klären, nachdem sie völlig verstört vor dem Hauptgebäude der Post in Dublin aufgetaucht war.
Über Wochen hinweg, gab sie vor, nicht sprechen zu können und liess die Behörden in dem Glauben, dass sie 14 Jahre alt sei. Die Suchaktion für ihre Identität kostete das Land mehr als 250'000 Franken.
In Calgary, Kanada, gab sie sich ein Jahr später als ein 14-jähriges misshandeltes Mädchen namens Aurora Hepburn aus. Erneut waren die Behörden mehrere Wochen damit beschäftigt, ihre Identität herauszufinden, bis schliesslich jemand eine ähnliche Story aus Irland entdeckte und eine Verbindung feststellte.
Längst hatten aber nicht nur die Behörden mit Azzopardi zu kämpfen. Weitere dramatische Geschichten handeln etwa von einem anderen Nanny-Job oder einer Reisefreundschaft, die zum Alptraum wurde...
Australiens berüchtigtste Betrügerin findet sogar Erwähnung in dem Buch «The Confidence Game». Darin erklärt die «New York Times»-Autorin Maria Konniko die Psychologie von Betrügern und wie diese, menschliche Emotionen manipulieren können.
Konniko schreibt: «Je kraftvoller eine Geschichte ist, desto wahrscheinlich ist es, dass wir sie als wahrhaftig akzeptieren. Die Möglichkeit, Hilfe anzubieten, überwiegt jeglichem Misstrauen.» Azzopardi mag gelogen haben, so die Autorin, aber das sei nicht alles, was sie tat. «Sie gab den Menschen auch die Möglichkeit, in dem humanitären Licht zu erstrahlen, das sie immer in sich vermuten.»