Steinmeier beginnt Besuch in Kambodscha
Der Besuch des Bundespräsidenten in Kambodscha beginnt mit einem grossen Knall einer Landmine – aber einem kontrollierten. Politisch – wohl auch kontrovers – wird es dann in der Hauptstadt.
Das Wichtigste in Kürze
- Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier will mit seinem Besuch in Kambodscha helfen, die unterentwickelten Beziehungen zwischen beiden Staaten auszubauen.
Dabei will er auch die verschiedenen Vorstellungen etwa zur Wahrung der Menschenrechte ansprechen, wie er zum Auftakt seiner Reise am Dienstag deutlich machte.
«Noch nie war ein Bundespräsident oder ein deutscher Regierungschef hier in diesem Land», sagte Steinmeier bei einem Besuch der zum Unesco-Weltkulturerbe gehörenden Tempelanlage Angkor Wat. Er freue sich, dass er durch seine Anwesenheit «helfen kann, diese Leerstelle in den deutsch-kambodschanischen Beziehungen zu füllen». Kambodscha habe Interesse an engeren wirtschaftlichen Beziehungen mit Deutschland und an einer Annäherung an die EU. «Das hat Voraussetzungen. Über diese Voraussetzungen sprechen wir hier offen und vertraulich.»
Rund 64.000 Menschen durch Landminden verletzt oder getötet
Steinmeier war am Morgen zu einem zweitägigen Besuch eingetroffen. In Siem Reap informierte er sich zunächst über das von Deutschland unterstützte Minenräumprojekt HALO Trust. Während der Schreckensherrschaft der Roten Khmer von 1975 bis 1979 und später im Guerillakrieg gegen vietnamesische Besatzungstruppen wurden in dem Land Millionen Landminen gelegt. Viele von ihnen befinden sich noch immer im Boden und bilden eine tödliche Gefahr. Nach Schätzungen wurden bis heute rund 64.000 Menschen verletzt oder getötet.
Deutschland hat das Räumen und Entschärfen von Minen und Munition bisher mit fast 23 Millionen Euro unterstützt. Steinmeier liess sich geschützt durch Weste, Helm und Plastikvisier am Rand eines Minenfelds die Arbeitsweise erläutern. Vor seinen Augen wurde eine Mine per Fernsprengung unschädlich gemacht. Die Organisation HALO Trust ist inzwischen auch in der Ukraine aktiv.
Am Erhalt des Tempels Angkor Wat beteiligen sich seit 25 Jahren auch deutsche Wissenschaftler und Fachleute. Das Auswärtige Amt hat die Arbeiten bislang mit rund 4,3 Millionen Euro gefördert. Es ist das umfangreichste Projekt aus seinem Kulturerhalt-Programm.
Es ist bereits die dritte Reise Steinmeiers in den Indopazifik innerhalb eines Jahres. Die beiden ersten hatten ihn nach Singapur und Indonesien sowie nach Japan und Südkorea geführt. Als Folge des russischen Angriffskriegs in der Ukraine und wegen der zunehmend als riskant empfundenen Abhängigkeit von China ist Deutschland bemüht, sich politisch und wirtschaftlich breiter aufzustellen.
Erhebliche Mängel bei Einhaltung der Menschenrechte
An diesem Mittwoch will Steinmeier in der Hauptstadt Phnom Penh politische Gespräche mit dem amtierenden Staatschef und Präsidenten des Senats, Say Chhum, sowie mit Ministerpräsident Hun Sen führen. Das Land wird seit Jahrzehnten von der Kambodschanischen Volkspartei regiert, Hun Sen ist seit 1985 im Amt. Amnesty International und auch das Bundesentwicklungsministerium sehen erhebliche Mängel bei der Einhaltung der Menschenrechte in dem Land. So sei die Meinungs-, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit eingeschränkt, die Opposition werde behindert.
Steinmeier, der von seiner Frau Elke Büdenbender begleitet wird, will in Phnom Penh auch den seit 2017 politisch kalt gestellten Oppositionsführer Kem Sokha treffen. Dieser wartet auf sein Urteil in einem Prozess wegen angeblichen Hochverrats.