Striktere Corona-Massnahmen könnten wieder nötig werden
Trump kehrt auf die Wahlkampfbühne zurück, in vielen Städten gibt es weiterhin Proteste nach dem Tod des Afroamerikaners George Floyd. In den USA könnte der Eindruck entstehen, dass die Corona-Pandemie ausgestanden ist. Doch Experten warnen.
Das Wichtigste in Kürze
- Angesichts anhaltender Coronavirus-Neuinfektionen hat die US-Gesundheitsbehörde CDC alle Bewohner der USA dazu aufgerufen, die Situation weiter ernst zu nehmen.
Die Pandemie sei noch nicht vorbei, sagte der bei der CDC für Infektionskrankheiten zuständige Jay Butler am Freitag. Auch neue strikte Ausgangsbeschränkungen «könnten wieder nötig werden». Das müsse auf lokaler Ebene je nach Infektionsgeschehen entschieden werden.
Nachdem die Corona-Pandemie und ihre Auswirkungen seit März dominierendes Thema in den USA war, rückte sie nach dem Tod des Afroamerikaners George Floyd bei einem brutalen Polizeieinsatz Ende Mai und den darauf folgenden Protesten und Unruhen in den Hintergrund. Nun melden einige Staaten Höchststände an Neuinfektionen. So teilte etwa Gesundheitsministerium in North Carolina mit, am Freitag seien mit 1768 Neuinfektionen so viele wie noch nie seit Beginn der Pandemie innerhalb eines Tages nachgewiesen worden.
CDC-Direktor Robert Redfield rief alle US-Amerikaner dazu auf, sich weiter an Abstands- und Hygieneempfehlungen zu halten. «Wir machen echte Fortschritte, aber es bleibt noch viel Arbeit.» In den USA mit rund 330 Millionen Einwohnern haben sich nach Daten der Johns-Hopkins-Universität in Baltimore bereits mehr als zwei Millionen Menschen seit Beginn der Pandemie nachweislich mit dem Coronavirus infiziert. Landesweit starben bisher knapp 113 000 Menschen in Verbindung mit der Lungenkrankheit Covid-19 - mehr als in jedem anderen Land der Erde.
Nachdem so gut wie alle Bundesstaaten als Reaktion auf die Pandemie Beschränkungen angeordnet hatten, gab es zuletzt fast überall Lockerungen. Die CDC verfolge den Anstieg der Neuinfektionen in zahlreichen Bundesstaaten genau und sei «sehr besorgt», sagte Butler. «Wir verstehen, dass wir alle keine Lust mehr darauf haben, zu Hause zu bleiben, und das Leben zurückhaben wollen, das wir im Dezember hatten.» Die Rückkehr dazu müsse aber «so sicher wie möglich» geschehen.
Einer Umfrage zufolge, die die CDC am Freitag veröffentlichte, unterstützt eine grosse Mehrheit der Amerikaner die Abstands- und Hygieneempfehlungen und gibt an, sich nicht sicher zu fühlen, sollten alle Beschränkungen nun sofort wieder aufgehoben werden.
Der Gouverneur des Bundesstaates und einstigen Corona-Brennpunkts New York, Andrew Cuomo, sagte, sein Staat habe mittlerweile die niedrigste Übertragungsrate des Virus. Er lobte am Freitag die Anstrengungen der Bürger: «Sie waren schlau, sie waren diszipliniert, sie wissen, was zu tun ist.» Cuomo fügte hinzu: «Wir müssen schlau bleiben.»
Trotz der Sorge vor Ansteckungen bei Massenveranstaltungen will US-Präsident Donald Trump kommenden Samstag bereits wieder einen Wahlkampfauftritt abhalten. Am Donnerstagabend (Ortszeit) hatte ein Hinweis bei der Registrierung für die Veranstaltung im Bundesstaat Oklahoma Aufsehen erregt, wonach die Teilnehmer die Organisatoren nicht haftbar für eine Covid-19-Erkrankung und mögliche Folgen haftbar machen können. Wer sich registriere, erkenne an, dass an jedem öffentlichen Ort, an dem Personen anwesend sind, Ansteckungsgefahr bestehe, hiess es darin. Trump hatte am Freitagabend (Ortszeit) auf Twitter geschrieben, mehr als 200.000 Unterstützer hätten sich bereits um Tickets für die Veranstaltung beworben.