«Trump verbarrikadiert alle möglichen Lösungen»

Benedikt Theiler
Benedikt Theiler

Knonaueramt,

US-Präsident Donald Trump (71) hat in einem grossen Brimborium angekündigt, er werde heute Jerusalem offiziell als Hauptstadt des israelischen Staates anerkennen. Nau hat bei Nahostexperte Erich Gysling (81) nachgefragt, welche Reaktionen zu erwarten sind.

Für Nahostexperte Erich Gysling wäre eine Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt durch US-Präsident Donald Trump sehr heikel.
Für Nahostexperte Erich Gysling wäre eine Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt durch US-Präsident Donald Trump sehr heikel. - Keystone

Herr Gysling, Präsident Donald Trump will heute offiziell Jerusalem als israelische Hauptstadt anerkennen. Ist das ein heikler Schritt?
Erich Gysling: Dieser Schritt ist sogar sehr heikel. Es gibt zwei Beschlüsse der Vereinten Nationen, die besagen, dass Jerusalem erst als Hauptstadt anerkannt werden darf, wenn Israelis und Palästinenser sich einigen können. Nun setzt sich Trump über diese Bestimmungen hinweg. Damit verbarrikadiert er alle möglichen Lösungen im Nahost-Konflikt. Das ist nicht sehr weise.

Mit welchen Reaktionen muss man Rechnen, wenn Trump nun sein Wahlversprechen umsetzt?
Das kann man im Voraus nicht sagen. Bereits grosse Proteste hört man von arabischen Staaten. Vorbehalte gibt es auch von EU-Staaten.

Wie ist der Schritt von Präsident Trump zu erklären?
Bereits 1950 hat Israel einseitig Jerusalem als Hauptstadt des jüdischen Staates erklärt. 1980 hat die israelische Regierung dies nochmals bestätigt. Trump erkennt diese Position an. Doch mit diesem Entscheid stellt er die Palästinenser und auch die Weltgemeinschaft vor vollendete Tatsachen.

Denken Sie, dass Trump noch zurückrudern wird?
Der jetzige US-Präsident ist sehr unberechenbar. Darum kann heute Abend vieles geschehen. Ich vermute aber, dass Trump heute langsame Schritte ankündigen wird. Die US-Botschaft wird ohnehin erst in einigen Jahren von Tel Aviv nach Jerusalem umziehen können. Gut möglich also, dass Trump heute weniger laute Töne anschlagen wird.

Falls Trump Jerusalem als Hauptstadt anerkennt, wie soll sich die Schweiz verhalten?
Die internationale Gemeinschaft ist nicht verpflichtet, den US-Entscheid mitzutragen – und wird dies auch nicht tun. Garantiert wird auch die Schweiz den Entscheid nicht nachahmen.

Das Wichtigste in Kürze

  • US-Präsident Donald Trump will heute Jerusalem offiziell als Hauptstadt anerkennen.
  • Für Nahostexperte Erich Gysling ist klar: Trump stelle die Weltgemeinschaft damit vor vollendete Tatsachen.

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