Was bringt das Spitzentreffen in Vietnam?

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Vietnam,

Der erste Gipfel von US-Präsident Trump mit dem nordkoreanischen Machthaber Kim endete mit einer schwammigen Erklärung. Bringt das zweite Gipfeltreffen nun konkrete Ergebnisse - oder sogar eine Aussicht auf Frieden?

Spektakuläres Treffen - bislang ohne echte Abrüstungsfortschritte: Kim Jong Un und US-Präsident Donald Trump im Juni 2018. Foto: Evan Vucci/AP
Spektakuläres Treffen - bislang ohne echte Abrüstungsfortschritte: Kim Jong Un und US-Präsident Donald Trump im Juni 2018. Foto: Evan Vucci/AP - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • US-Präsident Donald Trump und der nordkoreanische Machthaber Kim Jong Un kommen an diesem Mittwoch in der vietnamesischen Hauptstadt Hanoi zu ihrem zweiten Gipfel zusammen.

Vor acht Monaten hatten sich Trump und Kim in Singapur getroffen - die Zusammenkunft war die erste zwischen einem US-Präsidenten und einem nordkoreanischen Machthaber. Was wurde seitdem erreicht - und was sind die Ziele beim nächsten Gipfel? Fragen und Antworten dazu:

Was haben die beiden Seiten in Singapur verabredet?

In einer gemeinsamen Erklärung nach dem Gipfel vom 12. Juni vergangenen Jahres sagte Trump Nordkorea nicht näher definierte «Sicherheitsgarantien» zu. Kim betonte im Gegenzug sein «entschlossenes und unbeirrbares Bekenntnis zur vollständigen Denuklearisierung der koreanischen Halbinsel». Ein Zeitplan wurde ebenso wenig festgelegt wie Details zu einer atomaren Abrüstung.

Was wollen die USA langfristig erreichen?

Offizielles Ziel der USA ist die «endgültige und vollständig überprüfte Denuklearisierung Nordkoreas». Der US-Sondergesandte für Nordkorea, Stephen Biegun, räumte allerdings kürzlich in einer Ansprache in der Universität Stanford ein, dass es bislang keine mit Nordkorea vereinbarte Definition dafür gebe. Biegun führte aber näher aus, was «Denuklearisierung» aus US-Sicht heisst: «Das bedeutet die Beseitigung aller Massenvernichtungswaffen, ihrer Trägermittel und der Mittel, um sie herzustellen.» Mit Trägermitteln sind Raketen gemeint, die mit Atomsprengköpfen bestückt werden können.

Haben die USA dafür einen Zeitplan?

Nein. Trump hat deutlich gemacht, dass er keine Eile geboten sieht, solange Nordkorea weiterhin von Atomwaffen- und Raketentests absieht. Beim bislang letzten Atomwaffentest hatte Nordkorea im September 2017 nach eigenen Angaben eine Wasserstoffbombe gezündet. Im November 2017 hatte Nordkorea zuletzt eine Rakete getestet. Pjöngjang hatte danach mitgeteilt, mit dieser Rakete sei Nordkorea nun in der Lage, das gesamte Festland der USA mit Atomsprengköpfen anzugreifen. Trump führt den Teststopp auf seine Annäherungspolitik zurück.

Was ist das Ziel Nordkoreas?

Kim will Sicherheitsgarantien der USA. Trump hatte den Nordkoreanern im August 2017 gedroht: «Ihnen wird mit Feuer und Zorn begegnet werden, wie es die Welt niemals zuvor gesehen hat.» Im Monat darauf hatte er gesagt, sollten die USA gezwungen werden, sich oder ihre Verbündeten zu verteidigen, «dann werden wir keine andere Wahl haben, als Nordkorea vollständig zu zerstören». Kim will ausserdem eine Aufhebung der harten UN- und US-Sanktionen gegen sein Land und ein Ende der internationalen Isolation erreichen.

Was soll der Gipfel in Hanoi bringen?

Biegun sagt, Trump erwarte von dem zweitägigen Treffen «bedeutenden und überprüfbaren Fortschritt bei der Denuklearisierung». Auf der Arbeitsebene sollte vor dem Gipfel ein Fahrplan für Verhandlungen und «ein gemeinsames Verständnis der gewünschten Ergebnisse» erarbeitet werden. Kim dürfte bei dem Treffen auf konkrete Zusagen der USA hoffen. In seiner Neujahrsansprache drohte Kim mit einer Abkehr vom Annäherungskurs, falls die USA an Sanktionen festhalten sollten. Er warf Washington vor, Zusagen nicht einhalten und Pjöngjang einseitige Abrüstungsschritte abpressen zu wollen.

Welche konkreten Zusagen sind denkbar?

Der Sender CNN berichtete kürzlich über Gespräche, wonach die USA und Nordkorea zwar nicht Botschaften, aber immerhin Verbindungsbüros im jeweils anderen Land errichten könnten. Es wäre ein erster Schritt zur Normalisierung der Beziehungen, was in der Abschlusserklärung von Singapur bereits als Ziel formuliert worden war. Von historischer Tragweite wäre es, sollte Trump ein Ende des Korea-Krieges verkünden, auch wenn ein formeller Friedensvertrag erst ausgearbeitet werden und weitere Parteien umfassen müsste. Nordkorea würde das international Anerkennung bringen, der Schritt würde aber neue Fragen aufwerfen - etwa die, was mit den US-Soldaten in Südkorea geschehen würde.

Herrscht denn Krieg zwischen Nordkorea und den USA?

Technisch ja. Der Korea-Krieg endete 1953 mit einem Waffenstillstand, dem ein Friedensvertrag folgen sollte - das Vorhaben wurde aber ein Opfer des Kalten Krieges. «Präsident Trump ist bereit dazu, diesen Krieg zu beenden. Er ist vorbei», sagte Biegun Ende Januar. «Wir werden nicht in Nordkorea einmarschieren. Wir streben nicht an, das nordkoreanische Regime zu stürzen.» In Singapur hatten beide Seiten bereits vereinbart, den Rahmen für einen Frieden abzustecken. Trump selber sprach in seiner Rede zur Lage der Nation kürzlich von einem «historischen Vorstoss für Frieden auf der koreanischen Halbinsel».

Wie ist der Korea-Konflikt entstanden?

Der Konflikt geht auf die Kapitulation Japans am Ende des Zweiten Weltkrieges zurück, das Korea kolonisiert hatte. Seit 1945 ist die koreanische Halbinsel in einen westlich orientierten Süden und einen kommunistischen Norden geteilt. Die Spannungen eskalierten, als Nordkorea am 25. Juni 1950 den kaum vorbereiteten Süden angriff. Im dreijährigen Korea-Krieg wurde Südkorea von UN-Truppen unterstützt, die von den USA angeführt wurden, Nordkorea von chinesischen Verbänden. Das Waffenstillstandsabkommen von 1953 bestätigte den 38. Breitengrad als Grenze zwischen Süd- und Nordkorea.

Haben die USA Atomwaffen in Südkorea? 

Die USA hatten während des Kalten Krieges Atomwaffen in Südkorea stationiert, zogen diese aber 1991 ab. Allerdings schützen die USA ihre Verbündeten Südkorea und Japan mit einem «nuklearen Schirm» («nuclear umbrella») - also mit Bombenflugzeugen und U-Booten, die Atomwaffen abwerfen beziehungsweise abschiessen können, die aber nicht in Südkorea stationiert sind.

Was hat es mit den Sanktionen gegen Nordkorea auf sich?

Die Sanktionen behindern die wirtschaftliche Entwicklung des verarmten Landes, die Kim seit seiner Machtübernahme Ende 2011 neben der atomaren Aufrüstung als eines seiner vorrangigen Ziele ausgegeben hat. Die Vereinten Nationen haben wegen der Atom- und Raketentests des Landes mehrfach Sanktionen gegen Nordkorea verhängt. Sie umfassen unter anderem ein Verbot für die Lieferung, den Verkauf und die Weitergabe von Rüstungsgütern. Die Sanktionen betreffen aber auch den Export, den Handel sowie den Finanzsektor des Landes und schränken die Lieferung von Minerölerzeugnissen wie Benzin drastisch ein. Die USA haben zusätzlich umfassende weitere Sanktionen verhängt.

Was sind die Folgen der Sanktionen?

Kim ist es bisher nicht gelungen, die Nahrungsknappheit im Land zu beseitigen. Das UN-Kinderhilfswerk Unicef schrieb im Dezember über Nordkorea, dass in einer Bevölkerung von rund 25 Millionen Menschen die Nahrungssicherheit für 10,9 Millionen nicht gewährleistet sei; von ihnen seien knapp drei Millionen unter 18 Jahren. Das Büro des UN-Generalsekretärs warnte im Sommer: «Nordkorea droht eine andauernde humanitäre Krise, die vom Rest der Welt übersehen wird.»

Ist ein Ende der Sanktionen absehbar?

Derzeit nicht. «Wir werden keine Sanktionen aufheben, bevor die Denuklearisierung abgeschlossen ist», sagt Biegun. Trump stellt Nordkorea aber langfristig Wohlstand in Aussicht. «Nordkorea wird unter der Führung von Kim Jong Un zu einem grossen Wirtschaftsmotor werden», schrieb Trump kürzlich auf Twitter. Biegun sagt, nach einer vollständigen Denuklearisierung seien die USA bereit, gemeinsam mit Nordkorea und anderen Ländern Möglichkeiten für Investitionen und wirtschaftliche Entwicklung auszuloten.

Gab es seit dem Gipfel in Singapur auch messbare Ergebnisse?

Ja. Nordkorea überstellte die sterblichen Überreste von 55 mutmasslich amerikanischen Gefallenen aus dem Korea-Krieg in die USA. Biegun betont auch, dass derzeit - anders als in der Vergangenheit - kein US-Staatsbürger unrechtmässig in Nordkorea festgehalten werde. Nach seinen Angaben haben die USA zudem Bestimmungen gelockert, um humanitäre Hilfe nach Nordkorea zu schicken.

Wie gefährlich ist Nordkorea noch?

Trump hatte nach dem ersten Gipfel auf Twitter geschrieben: «Von Nordkorea geht keine nukleare Bedrohung mehr aus.» Inzwischen äussert sich Trump vorsichtiger. Die US-Geheimdienste sehen in Nordkorea weiterhin eine Gefahr. Geheimdienstkoordinator Dan Coats sagte Ende Januar: «Wir gehen derzeit davon aus, dass Nordkorea versuchen wird, seine Fähigkeiten im Bereich Massenvernichtungswaffen beizubehalten.» Es sei unwahrscheinlich, dass Kim die Atomwaffen aufgebe, weil er sie als überlebenswichtig für sein Regime ansehe.

Ist dann eine schnelle atomare Abrüstung überhaupt denkbar?

Kaum. Trump erwartet nach dem anstehenden zweiten Gipfel weitere Treffen mit Kim. Biegun meint: «Ich denke, man kann wohl sagen, dass wir mehr Arbeit vor als hinter uns haben.» Wenig deute bislang darauf hin, dass Nordkorea tatsächlich entschieden habe, seine Atomwaffen abzubauen und zu zerstören.

Hat es bei der atomaren Abrüstung überhaupt Fortschritte gegeben?

Kim stellte Abrüstungsmassnahmen zumindest in Aussicht. Nach Angaben des südkoreanischen Präsidenten Moon Jae In bot Kim im vergangenen September an, die Atomanlage Yongbyon zu schliessen, wenn ihm die USA mit «entsprechenden Massnahmen» entgegenkämen. Als konkrete Massnahme sagte Nordkorea Moon zufolge ausserdem zu, die Testanlage für Raketenantriebe in Sohae an der Westküste und die dortige Startrampe unter Aufsicht internationaler Inspekteure abbauen zu lassen.

Wie ist das Verhältnis zwischen Trump und Kim?

Viel besser als 2017. Damals verspottete der US-Präsident den nordkoreanischen Machthaber als «kleinen Raketenmann». Kim nannte Trump einen «geisteskranken, dementen US-Greis». Trump sagt inzwischen, er habe ein sehr gutes Verhältnis zu Kim. Und bei einer Ansprache im September vergangenen Jahres ging Trump noch weiter, als er die Beziehung beschrieb: «Wir haben uns verliebt», sagte er.

Warum findet der Gipfel in Vietnam statt?

Vietnam pflegt traditionell gute Beziehungen zu Nordkorea. In den vergangenen Jahren hat sich aber auch das Verhältnis zum einstigen Kriegsgegner USA erheblich gebessert. Heute, nach der wirtschaftlichen Öffnung, gehört Vietnam zu den am stärksten wachsenden Ländern weltweit. Aus Sicht der USA könnte Vietnam mit seinem Kurs der Öffnung Vorbild für das isolierte Nordkorea sein.

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