Laut NGO: Mehr Haftstrafen in Vietnam wegen Internet-Kritik
Human Rights Watch zufolge geht die kommunistische Regierung in Vietnam verstärkt gegen Andersdenkende in den Sozialen Netzwerken vor – auch mit Haftstrafen.

Die kommunistische Regierung in Vietnam geht Menschenrechtlern zufolge immer härter gegen Andersdenkende vor. Es würden dabei zunehmend auch ganz normale Bürgerinnen und Bürger ins Visier genommen, die in sozialen Medien Themen wie Religionsfreiheit, Landrechte, Rechte indigener Völker und Korruption innerhalb der Behörden ansprächen, heisst es in einem Bericht der Organisation Human Rights Watch (HRW) mit dem Titel «Wir werden bald alle verhaftet».
Die Justiz stütze sich dabei vor allem auf den umstrittenen Paragrafen 331 des Strafgesetzbuches, der den «Missbrauch demokratischer Freiheiten zur Verletzung staatlicher Interessen» unter Strafe stellt. Die Regierung müsse die systematische Repression unverzüglich beenden und alle Inhaftierten freilassen, die wegen der Ausübung ihrer Grundrechte im Gefängnis seien, forderte HRW.
Rache an einfachen Bürgern
«Die vietnamesischen Behörden missbrauchen das Gesetz zur »Verletzung staatlicher Interessen« nicht nur, um prominente Aktivisten und Whistleblower zum Schweigen zu bringen, sondern auch, um sich an einfachen Menschen zu rächen, die sich über schlechte Dienstleistungen oder Polizeigewalt beschweren», sagte die stellvertretende Asien-Direktorin Patricia Gossman.
HRW hat für den Bericht zahlreiche Gerichtsdokumente und Hunderte von Posts und Videos in sozialen Netzwerken untersucht. Zwischen 2018 und Februar 2025 verurteilten vietnamesische Gerichte demnach mindestens 124 Personen unter Bezug auf Paragraf 331 zu hohen Haftstrafen. Dies stelle einen deutlichen Anstieg gegenüber dem Zeitraum 2011-2017 dar, in dem nur 28 Personen wegen ähnlicher Vergehen zu Gefängnisstrafen verurteilt worden seien, hiess es.
Deutschland ist wichtiger Handelspartner
«Vietnams Handelspartner haben die zunehmenden Menschenrechtsverletzungen der Regierung im Namen der wirtschaftlichen Entwicklung und von Investitionsmöglichkeiten routinemässig übersehen», warnte Gossman. Stattdessen müssten sie diese öffentlich anprangern. Laut Auswärtigem Amt ist Deutschland innerhalb der EU Vietnams grösster Handelspartner. Mehr als 350 deutsche Firmen haben eine Repräsentanz in dem südostasiatischen Land.