Weltbiodiversitätsrat fordert breiteren Lösungsansatz für Krisen
Ökologische, soziale und wirtschaftliche Krisen sind miteinander verknüpft und verschlimmern sich wechselseitig.
Das ist das Ergebnis eines neuen Berichts des Weltbiodiversitätsrats der Vereinten Nationen (IPBES). Am Bericht waren auch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus der Schweiz massgeblich beteiligt. Bisherige Versuche, derartige Krisen getrennt zu bewältigen, hätten sich als unwirksam und kontraproduktiv erwiesen. Dies habe unter anderem zu uneinheitlicher Politikgestaltung geführt.
Den sogenannten «Nexus-Report» hatte ein Treffen mit Vertretern der 147 IPBES-Mitgliedstaaten in Namibias Hauptstadt Windhuk gebilligt. 165 Experten aus 57 Ländern untersuchten dafür mehr als 70 spezifische Szenarios zur Maximierung der Krisenbewältigung in fünf Bereichen: biologische Vielfalt, Wasser, Ernährung, Gesundheit und Klimawandel.
Bilharziose: Ein Fallbeispiel für komplexe Problemlösungen
Konkret lasse sich das Problem am Beispiel der parasitären Wurmerkrankung Bilharziose erklären, von der weltweit mehr als 200 Millionen Menschen betroffen sind, vor allem in Afrika. Wenn Bilharziose ausschliesslich als gesundheitliche Herausforderung mit Medikamenten behandelt werde, trete sie häufig wieder auf, da sich Menschen erneut infizierten, so die Autoren des Berichts.
Ein innovatives Projekt im westafrikanischen Senegal habe mit einem umfassenderen Ansatz beachtliche Erfolge erzielt: Es konzentriere sich auf die Verringerung der Wasserverschmutzung und die Beseitigung invasiver Wasserpflanzen. Damit reduziere sich der Lebensraum der Schnecken, die die parasitären Würmer beherbergen, die Bilharziose auf Menschen übertragen.
Im Ergebnis sei die Zahl der Infektionen bei Kindern um 32 Prozent zurückgegangen. Zudem habe sich der Zugang örtlicher Gemeinden zu Süsswasser verbessert und damit neue Möglichkeiten für Einkünfte geschaffen.
Globale Auswirkungen und Schweizer Relevanz
Mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung lebt laut IPBES in Gebieten, die am stärksten vom Rückgang biologischer Vielfalt, Wasserverfügbarkeit und -qualität sowie Ernährungssicherheit betroffen sind und in denen Gesundheitsrisiken und negative Auswirkungen des Klimawandels zunehmen. Dazu gehörten vor allem Entwicklungsländer einschliesslich kleiner Inselstaaten sowie indigene Völker.
Aber auch für die Schweiz sei der Bericht relevant, hiess es in einer Mitteilung der Akademie für Naturwissenschaften (Scnat). So seien gewisse im Bericht beschriebene Vorgänge, wie etwa der Zusammenhang zwischen Wasserverbrauch und Landwirtschaft, in der Schweiz sehr stark.
«Die Vielfalt an Bergen und Tälern führt dazu, dass die Wasser-, Energie- und Nahrungsmittelproduktion oft um dasselbe Land konkurriert, in dem die Biodiversität am höchsten ist und das am stärksten vom Klimawandel betroffen ist», liess sich Maria Santos von der Universität Zürich, Leitautorin des Berichts, zitieren. International könne sich die Schweiz zudem beispielsweise mit ihrem starken Finanzsektor an der Umsetzung von Ansätzen beteiligen, die die negativen Konsequenzen des aktuellen Finanzsystems verringerten.