Youtube-Star schlägt Ex-Frau – Fans haben Verständnis
Youtube-Star und Rapper Mois gesteht, seine Ex-Frau geschlagen zu haben. Sie spricht gar von Mordversuchen – trotzdem stehen die Fans zu ihm. Kein Einzelfall.
Das Wichtigste in Kürze
- Der österreichische Youtuber Mois gibt zu, seine Ex-Frau geschlagen zu haben.
- Follower zeigen Verständnis, weil seine Ex ihn betrogen haben soll.
- Verharmlosung häuslicher Gewalt ist weitverbreitet, sagt eine Expertin.
Die Ex-Frau des bekannten Youtubers und Rappers Mois hat sich Anfang Juli an die Öffentlichkeit gewandt. Nach dem kürzlichen Ende ihrer siebenjährigen Beziehung postet sie eine Video-Serie auf ihrem Instagram-Kanal.
Während knapp zwei Stunden berichtet Anys über die physische und psychische Gewalt, die sie durch den Youtube-Star erfahren haben soll. Ihre Aussagen belegt sie durch mehrere Foto-Dokumentationen und polizeiliche Akten.
Mois, bürgerlich Zelemkhan Arsanov, habe sie von ihrer Familie und der Gesellschaft isoliert, psychisch manipuliert und Gewalt angewendet. Als sie äusserte, sich trennen zu wollen, habe er gedroht, sie und ihre beiden gemeinsamen Kinder zu ermorden.
In der Folge soll es tatsächlich zu zwei Mordversuchen gekommen sein: Einmal versucht Mois, seine Ex mit einem Messer zu erstechen. Ein anderes Mal versucht er, sie zu erwürgen und schlägt ihren Kopf auf den Boden. Die beiden Femizid-Versuche konnten nur durch Polizeieinsätze verhindert werden, wie Anys erzählt.
Habe sie nicht umgebracht, «weil ich mich kontrolliere»
Während des wochenlangen Trennungs-Prozesses wird Mois immer wirrer und aggressiver. Er postet unzählige Videos und sendet Livestreams, erhebt Anschuldigungen und Drohungen gegen seine Ex-Frau und Rap-Kollegen. In Interviews kann er sich kaum beherrschen.
In einem Video gesteht der Youtuber dann: «Ich habe sie geschlagen und ich bin Gott dankbar, dass ich sie nicht getötet habe.»
Aber er habe es ja nicht getan, «weil ich mich kontrolliere», sagt er schon fast stolz. Über die vorgeworfenen Mordversuche spottet er: So wolle Anys dies nun also vermarkten? «Nur, weil ich sie einmal geschlagen habe?»
Noch verstörender: Seine Ex-Frau bezeichnet Mois dabei immer wieder als «dreckige Khaba» – zu Deutsch in etwa «Hure».
Fangemeinde hält zu Mois
Aktuell läuft ein Strafverfahren der deutschen Behörden gegen Mois, seine Social-Media-Kanäle werden fortlaufend gesperrt.
Ex-Frau Anys hat die Kommentarspalten unter ihren Videos ausgeschaltet. Verständlich, denn: Neben Mitleidsbekundungen und Verurteilungen erhält Mois auch immer wieder Unterstützung. Wie bitte?
«Ich glaube Mois 1000 Prozent», schreibt etwa eine Tiktok-Userin. In seinen Hasstiraden beharrt Mois nämlich unter anderem darauf, dass seine Ex ihn betrogen habe. In seinen Augen rechtfertige dies seine Gewalttaten. Die Betrugs-Behauptungen werden von der Ex-Frau eindeutig dementiert.
Klassische Täter-Opfer-Umkehr
Für Livia Boscardin, Soziologin und Fachfrau für geschlechterspezifische Gewalt, ist klar: «Es sind solche Behauptungen, mit welchen der YouTuber von seinen eigenen Taten ablenken will.»
Die Baslerin sieht einen klassischen Fall einer Täter-Opfer-Umkehr, wie sie bei Nau.ch erklärt. «Mois manipuliert die Öffentlichkeit erfolgreich. Er lenkt den Fokus auf den vermeintlichen Betrug, inszeniert sich als Opfer und sichert sich somit die Fan-Sympathie.»
Die Gewalttaten würden als «Massregelung» der Frau legitimiert. Dahinter steckten veraltete, reaktionäre und nicht zuletzt frauenfeindliche Rollen- und Beziehungsbilder.
Diese Verharmlosung häuslicher Gewalt, so Boscardin, sei weitverbreitet. «Betroffene schämen sich und müssen eher um ihren Ruf fürchten als die Tatpersonen. Insbesondere, wenn es sich um Tatpersonen mit einer gewissen Prominenz und Anhängerschaft handelt.»
Senkung der «Hemmschwelle für Hass und Gewalt»
Der forensische Psychiater Frank Urbaniok sieht dies ähnlich: «Frauenfeindliche Inhalte in den sozialen Medien sind durchaus gefährlich.»
Auch wichtig: Die Meinungen in den Kommentarspalten seien keinesfalls repräsentativ. Auf den sozialen Medien würden sich immer dauert-empörte und wütende Menschen mit radikalen Ansichten tummeln. «Die Mehrheit der Bevölkerung ist vernünftig und verurteilt Gewalt gegen Frauen», betont Urbaniok.
Dass Anys keinesfalls allein dasteht, zeigt auch ein kürzlicher Auftritt der deutschen Star-Rapperin Shirin David. «Kein Mann erhebt seine Hand gegen eine Frau», predigt Shirin als Reaktion zu Mois' Gewalt. Die Publikumsmassen jubeln zustimmend.
Trennungen sind besonders gefährlich
Und dennoch: «Die Gewalt gegen Frauen ist nach wie vor ein weit und in allen gesellschaftlichen Schichten vertretenes, tabuisiertes Phänomen», sagt Boscardin.
Das Verlassen von gewalttätigen Beziehungen sei dabei immer schwierig und komplex. Dass sich Anys' Situation mit ihrer Trennung so verschärft hat, sei keineswegs untypisch.
Gerade Trennungen seien eine besonders gefährliche Lebenssituation. Das Risiko für einen Femizid sei in dieser Zeit erhöht. Boscardin: «Diese Männer sehen ihre Ex-Partnerin als ein dem Manne untergeordnetes Objekt. Sie töten die Frau, um sie für immer ‹für sich zu haben› oder aus Gründen der ‹Ehre›.»
«Nicht schuld an der Gewalt»
Die Expertin erklärt: «Eine Gewaltbeziehung ganz allein zu verlassen, ist enorm schwer.» Betroffene hätten daher stets Schutz und Unterstützung verdient: «Sie sind nicht schuld an der Gewalt.»
Für das Entkommen aus einer gewalttätigen Beziehung sei wichtig zu wissen: «Betroffene sind Expertinnen der Situation und sollten ihrem Bauchgefühl vertrauen.»
Ferner rät Boscardin Betroffenen, sich so bald wie möglich einer Vertrauensperson zu öffnen und an eine Opferhilfestelle zu wenden. Bei akuter Gefahr sollte sofort ein Frauenhaus aufgesucht und die Polizei alarmiert werden.
Brachst du Hilfe?
Bist du Opfer von Gewalt geworden? Die Opferhilfe hilft dir dabei, die Erfahrung zu bewältigen, und informiert dich über deine Rechte und weitere Schritte: www.opferhilfe-schweiz.ch.