Demonstrant in Hongkong von Polizei angeschossen
Am chinesischen Nationalfeiertag protestieren heute Dienstag erneut Tausende in Hongkong. Bei Ausschreitungen wurde ein Mann von der Polizei angeschossen.
Das Wichtigste in Kürze
- In Hongkong kam es am Dienstag zu Kämpfen zwischen Demonstranten und Polizisten.
- Am chinesischen Nationalfeiertag wird dort erneut gegen die Regierung protestiert.
- Während Ausschreitungen wurde ein Mann von der Polizei angeschossen.
- Gemäss Hongkongs Spital-Behörden wurden bisher 51 Verletzte in Spitäler eingeliefert.
Hongkongs Polizei hat einen grossen Protestmarsch am 70. Geburtstag der Volksrepublik untersagt. Die Demokratiebewegung lässt sich davon nicht stoppen. Erneut gab es Ausschreitungen. Dabei wurde ein Demonstrant von der Polizei angeschossen und mehr als 100 Demonstranten wurden festgenommen.
Wie die Polizei bestätigte, wurde ein Mann im Stadtteil Tsuen Wan an der Brust getroffen. Er wurde in kritischem Zustand in ein Spital gebracht, wie die «South China Morning Post» berichtet. Hongkongs Spital-Behörde teilte mit, dass bis zum frühen Abend (Ortszeit) 51 Menschen bei den Protesten verletzt wurden, von denen sich einer in einem kritischen Zustand befand.
Wie die Zeitung weiter berichte, feuerte die Polizei am Dienstag mindestens fünf Pistolenschüsse ab. Zwei Warnschüsse wurden demnach abgegeben, nachdem Polizisten von einer Gruppe Demonstranten angegriffen worden war.
Yolanda Yu, eine Sprecherin der Honkonger Polizei erklärte laut der «New York Times», dass es sich bei dem Angeschossenen um einen 18-Jährigen handelt. Lokalzeitungen zufolge ist er Schüler einer Highschool.
Yu zufolge sei der Beamte, der auf den Demonstranten schoss, von einem gewalttätigen «Mob» angegriffen worden, der sein Leben gefährdete. Sie sagte: «Um sich und seine Kollegen zu retten, gab er einen Schuss auf den Angreifer ab».
Ein Video zeigt den angeschossenen Demonstranten erstmals, wie er sich einer Gruppe schwarz gekleideter Personen anschliesst, die einen Polizisten verfolgen und ihn zu Boden werfen. Daraufhin treten sie auf ihn ein und schlagen ihn offenbar mit Metallrohren.
Proteste verboten
«Freiheit für Hongkong» und «Hongkong gib Gas» riefen die zumeist schwarz gekleideten Demonstranten am Dienstag. Wie die «New York Times» berichtet, kam es bei den verbotenen Protesten zu Kämpfen zwischen Hunderten Demonstranten und Polizisten. Die Beamten wurden mit Feuerbomben und anderen Gegenständen beworfen.
Auf einem Twitter-Video ist zu hören, wie Polizisten Warnschüsse abfeuerten. Die Bilder des Zusammenstosses sind schockierend: Mit Schlagstöcken und Fäusten prügeln beide Parteien aufeinander ein.
A video circulating online shows warning shots fired as protesters and police clash at the junction of Waterloo and Nathan Roads pic.twitter.com/8WZPtAFhwC
— SCMP Hong Kong (@SCMPHongKong) October 1, 2019
Am frühen Dienstagnachmittag (Ortszeit) brach im Bezirk Tuen Mun nahe der Grenze zum chinesischen Festland eine heftige Schlägerei aus. Dabei setzte die Polizei Schlagstöcke und Pfefferspray ein, um die Demonstranten abzuwehren. Diese setzten sich jedoch mit Regenschirmen und anderen Geschossen zur Wehr.
Demonstranten bewerfen Xi Jinping mit Eiern
Videos auf Social Media zeigen, wie Demonstranten das Bildnis des chinesischen Regierungschefs Xi Jinping mit Eiern bewerfen.
Auf einem anderen Video ist zu sehen, wie die Demonstranten ein Gebäude der Regierung beschädigen. Dabei werden die Fenster mit Steinen eingeschlagen.
Unter hohen Sicherheitsvorkehrungen hatten am Morgen in der chinesischen Sonderverwaltungszone Hongkong die Feierlichkeiten zum 70. Geburtstag der Volksrepublik China begonnen. Abgeriegelt von der Öffentlichkeit verfolgten geladene Gäste im Messezentrum eine Zeremonie, die in die geschlossenen Räume übertragen wurde.
Eine Ehrengarde hisste die Nationalflagge an der goldenen Bauhinien-Statue, einem Wahrzeichen der früheren britischen Kronkolonie. Zwei Helikopter mit einer grossen chinesischen und einer kleineren Hongkonger Fahne flogen über den Hafen entlang der Hongkonger Skyline.
U-Bahn-Stationen bereits am Morgen geschlossen
Die Demonstranten fordern eine unabhängige Untersuchung von Polizeigewalt bei den seit fünf Monaten andauernden Protesten, eine Amnestierung der mehr als 1500 bisher Festgenommenen, eine Rücknahme der Einstufung ihrer Proteste als «Aufruhr» sowie freie Wahlen.
Causeway Bay-
— @Dystopia - #StandWithHongKong (@Dystopia992) October 1, 2019
FYI #HongKongers won’t back off 🇭🇰#十一國殤 #GoodMourningCCP
👋🏻 #FiveDemandsNotOneLess #DefendDemocracy #FreeHongKong https://t.co/I9gLtYvhrW
In Erwartung neuer Ausschreitungen schlossen die Behörden bereits am Morgen einige Strassen und U-Bahn-Stationen in der Innenstadt. Mindestens 6000 Polizisten hielten sich bereit, wie die Hongkonger Zeitung «South China Morning Post» berichtete. Mehrere grosse Einkaufszentren kündigten an, geschlossen zu bleiben; einige Hotels empfahlen ihren Gästen, sich in geschlossenen Räumen aufzuhalten.
Hongkongs Behörden hatten einen für Dienstag geplanten grossen Protestmarsch im Vorfeld untersagt. Die Demokratie-Bewegung hatte dennoch angekündigt, für den Tag mehrere Protestaktionen zu planen. Bei Protesten am Wochenende war es in Hongkong wieder zu schweren Zusammenstössen zwischen Polizei und Demonstranten gekommen.
Seit der Rückgabe 1997 an China wird Hongkong mit einem eigenen Grundgesetz autonom regiert. Die sieben Millionen Hongkonger stehen unter Chinas Souveränität, geniessen aber - anders als die Menschen in der kommunistischen Volksrepublik - mehr Rechte wie Meinungs- und Versammlungsfreiheit, um die sie jetzt fürchten.
Wong Tai Sin. Two girls getting jumped by #HKPolice. Reporters are asking them for their information so they don't go missing. This is the only way we can keep track of our detained protesters#HongKong #HongKongProtests pic.twitter.com/Ck0o5gzkcD
— woppa 🎗😷 (@Woppa1Woppa) October 1, 2019