So spioniert der chinesische Geheimdienst die Schweiz aus

Simon Binz
Simon Binz

Bern,

Sie geben sich als Universitätsmitarbeiter aus, kontaktieren Forscher, Beamte und Politiker über Linkedin und interessieren sich für das Wissen der Kontaktierten. Stellt sich heraus: Dahinter steckt der chinesische Geheimdienst und auch in der Schweiz kam es schon zu solchen Fällen.

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Der Login-Screen der LinkedIn-App. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Chinesische Geheimdienste geben sich als Universitätsmitarbeiter aus und kontaktieren auf Linkedin Forscher und Politiker.
  • Damit versuchen sie, zu sensiblen Daten und geheimen Informanten aus Europa zu gelangen.
  • Auch in der Schweiz wurden Personen auf diese Art und Weise kontaktiert.
  • Der Nachrichtendienst der Schweiz hält sich jedoch bedeckt und nennt keine Zahlen oder genauere Angaben.

Lily Wu, Eva Han und Rachel Li sind Mitarbeiterinnen der Fudan University, der Zhejiang University und des China Center of International Politics and Economy. Über die Internetplattform Linkedin nehmen sie Kontakt zu europäischen Forschern, Beamten und Politikern auf, da ihre Unis sich für Wissen und Know-how der Kontaktierten interessierten und bieten deshalb für Berichte mehrere tausend Dollar.

Doch die drei Frauen existieren in Wirklichkeit gar nicht, die Linkedin-Profile sind gefälscht. Mehrere europäische Nachrichtendienste sind überzeugt, dass hinter den Kontaktaufnahmen chinesische Geheimdienste stecken, die so versuchen an sensible Daten und geheime Informanten zu gelangen.

Auch in der Schweiz kam es zu Kontaktaufnahmen, wie der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) gegenüber der «NZZ am Sonntag» bestätigt. Gemäss dem NDB komme jede Person mit Zugang zu Informationen, die chinesische Geheimdienste interessierten, als Ziel der Annäherungs- und Anwerbungsversuche infrage.

«Das können Parlamentarier, Beamte und Armeeangehörige, aber auch Bankmitarbeiter, Akademiker und Mitarbeiter von Forschungseinrichtungen sein», sagt Nachrichtendienstsprecherin Isabelle Graber. Nähere Angaben zu den Fällen macht Graber jedoch nicht, sie nennt auch keine Zahlen.

Zum Vergleich: In Deutschland geht das Bundesamt für Verfassungsschutz davon aus, dass es allein in den ersten neun Monaten des letzten Jahres zu mehr als 10'000 Anwerbungsversuchen gekommen ist. Bei fünf Prozent der Fälle sei es zu «weitergehenden Kontakten» gekommen, hielt das Bundesamt letztes Jahr in einem Schreiben fest und bezeichnete dies als «alarmierend».

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