China zensiert Coronavirus in sozialen Medien
Das Wichtigste in Kürze
- In den chinesischen sozialen Medien werden Begriffe rund ums Coronavirus zensiert.
- Bereits seit dem 1. Januar werden zahlreiche Stichwörter gefiltert.
- Selbst Nachrichten mit relevanten Gesundheitsinformationen erreichen nicht ihr Ziel.
Dass in den sozialen Medien Chinas Zensur betrieben wird, dürfte die wenigsten überraschen. Nun macht eine kürzlich veröffentlichte Studie des kanadischen «Citizen Lab» das Ausmass der Zensur zum Coronavirus bekannt. Das interdisziplinäre Forschungszentrum der Universität Toronto betreibt ein regelmässiges Screening der chinesischen Zensur.
Coronavirus: Auf WeChat und YY gesperrt
Untersucht wurde die chinesische Streaming-App «YY» sowie der Messenger-Dienst «WeChat». Bereits am 31. Dezember, nur einen Tag, nachdem Ärzte aus Wuhan das Virus publik gemacht hatten, griff die Coronavirus-Zensur. Zu dem Zeitpunkt wusste die breite Öffentlichkeit noch nicht einmal von dem Ausbruch.
Um die Zensur zu prüfen, Nutzen die Forscher unter anderem WeChat-Gruppenkonversationen. Dort wurden Nachrichten mit Begriffen rund ums Coronavirus versandt und überprüft, ob die Nachrichten ihr Ziel erreichten. Bereits in den ersten zwei Januarwochen wurden 384 neue Stichwörter gefunden, welche nicht durch den Zensurfilter drangen.
Zensur könnte die Ausbreitung begünstigt haben
Unter den gesperrten Begriffen finden sich verschiedenste Kombinationen. So werden beispielsweise Nachrichten, die Wuhan und den Präsidenten Xi Jinping in Kombination erwähnen, automatisch gelöscht. Auch der Name nach dem Arzt Li Wenliang, schafft es nicht durch den Zensurfilter. Gemäss offiziellen Informationen ist der 33-Jährige, der viel Zuspruch von Regimekritikern erhielt, am Coronavirus gestorben.
Nicht nur Begriffe, die direkt die chinesische Regierung in ein schlechtes Licht rücken, sind von der Zensur betroffen. Immer wieder blieben auch Nachrichten mit gesundheitlich relevanten Informationen, ohne regimekritischen Inhalt, in den Filtern der Zensur hängen. Damit dürften durch die Zensur wichtige Hygienehinweise oft nicht ihren Empfänger erreicht haben – die Zensur hat somit wohl die Ausbreitung des Coronavirus gefördert.
Zensur: ein System der Selbstkontrolle
Die chinesische Zensur funktioniert mit einem System der Selbstkontrolle. Chinesische Unternehmen sind für die Inhalte auf ihren Plattformen verantwortlich und werden so zur Selbstzensur angetrieben. Die Geschwindigkeit, mit der die Zensur nach dem Bekanntwerden des Coronavirus griff, deutet jedoch auf direkte staatliche Eingriffe hin.
«Citizen Lab» berichtet, dass die chinesischen Offiziellen seit dem Ausbruch mehrfach die Konzepte der «Leitung der öffentlichen Meinung» und «Führung vor Medien und Propaganda» betont haben. Diese Konzepte bedeuten in ihrer Umsetzung Zensur.
Das Ausmass der Zensur zum Coronavirus erstaunt nicht unbedingt, ist aber dennoch erschreckend. Die chinesische Regierung hat erfolgreich verhindert, dass die Bevölkerung das Coronavirus als Anlass zur Auflehnung nutzt. Der Preis dafür ist jedoch hoch: Die rigorose Zensur von Coronavirus-Begriffen dürfte die Ausbreitung des Virus beschleunigt haben.