WhatsApp in der Kritik: Das steckt hinter den Nutzungsbedingungen
WhatsApp-Mutterkonzern Facebook ist wegen einer Änderung der Nutzungsrichtlinien unter Beschuss. Die Digitale Gesellschaft empfiehlt schon länger den Umstieg.
Das Wichtigste in Kürze
- WhatsApp fordert seine Nutzer zur Annahme einer neuen Datenschutzerklärung auf.
- Was sich genau ändert, ist dabei unklar – das EU-Recht verhindert tiefe Eingriffe.
- Klar ist: Andere Messenger-Apps legen mehr Wert auf Datenschutz als die Facebook-Tochter.
Einmal mehr steht Facebook für seinen Umgang mit dem Datenschutz in der Kritik. Zu Mark Zuckerbergs mächtigem Internetkonzern gehören unter anderem Instagram – und der Marktbeherrschende Messengerdienst WhatsApp. Weltweit nutzen über 2 Milliarden Menschen die Kurznachrichten-App.
Anlass der jüngsten Aufregung ist eine Aktualisierung der Nutzungsbedingungen von WhatsApp. Bisher wurde das riesige Potenzial von WhatsApp für die Werbebranche nicht genutzt. Es hat den Anschein, dass will Facebook dies nun ändern möchte. Damit geht einher, dass die Inhalte für Marktforschung und personalisierte Werbung analysiert würden.
WhatsApp in der Abwehrhaltung
Geht es nach WhatsApp respektive Facebook, bleibt der Messengerdienst privat. Jüngst verteidigte sich WhatsApp auf Twitter – und pocht auf die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung.
We want to address some rumors and be 100% clear we continue to protect your private messages with end-to-end encryption. pic.twitter.com/6qDnzQ98MP
— WhatsApp (@WhatsApp) January 12, 2021
Ende-zu-Ende-Verschlüsselung bedeutet, dass die Nachrichten nicht von Dritten eingesehen werden können, welche den Datenverkehr regeln. Der Inhalt der Nachrichten wird also offiziell weder von Facebook, noch von jemand anderem gelesen.
Ein Blick in die Datenschutzerklärung zeigt jedoch, dass unzählige andere Daten dennoch ausgewertet werden. Dazu gehören unter anderem: Nutzung und Protokollinformationen, Geräte- und Verbindungsdaten, Standortinformationen und vieles mehr.
Europa verwehrt Facebook den Daten-Zugriff – eigentlich
Wer jüngst zur Annahme der neuen Nutzungsbedingungen aufgefordert wurde, hat eigentlich keine neuen Regeln angenommen: In Europa dürfte sich vorerst eigentlich nichts ändern: Die Datenschutzbeauftragten der Europäischen Union haben Facebook einen Riegel vorgeschoben.
Nau.ch stellte WhatsApp und Facebook im Frühjahr auf die Probe und kam zum Schluss: WhatsApp hält zumindest so weit dicht, als dass auf Facebook keine Werbung mit Bezug auf WhatsApp-Nachrichten veröffentlicht.
Zweifel an Facebooks Glaubwürdigkeit
WhatsApp darf in Europa keine Daten der Nutzer mit Dritten teilen. So wurde es in der EU beschlossen – die Regelung gilt auch in der Schweiz. In der neuen Datenschutzrichtlinie liest sich das jedoch anders.
Der EU-Datenschutzbeauftragte Johannes Caspar zeigt sich gegenüber «Heise» entrüstet. «Die Informationen, die der Nutzer über die Zusammenarbeit und den Datenaustausch innerhalb des Konzerns erhält, sind überaus unbestimmt und intransparent.»
Die Bedenken teilt Martin Steiger, Sprecher der digitalen Gesellschaft, welche sich unter anderem für Datenschutz einsetzt. «Der Schutz durch die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) wird überschätzt. Wir raten davon ab, Aussagen von Facebook zum Datenschutz ohne weiteres zu glauben.»
Alternativen erleben Boom
Steiger lässt kein gutes Haar am Social-Media-Riesen: «Facebook lebt davon, die Nutzerinnen und Nutzer zu überwachen, um die Daten zu Geld machen zu können. Erklärtes Ziel von Facebook ist ausserdem, die verschiedenen Dienste zusammenzulegen. Wer sich nicht von Facebook überwachen lassen möchte, muss auf die Nutzung von WhatsApp verzichten.»
Diese Alternativen erleben seit der WhatsApp-Aktualisierung einen regelrechten Boom. Telegram freute sich jüngst über eine halbe Milliarde Nutzer. Doch im Test der Digitalen Gesellschaft erhielt auch die Messenger-App aus Russland schlechte Noten.
Threema’s user base currently grows at the same rate as Switzerland’s snow cover! ☃️🇨🇭 pic.twitter.com/DGkaphdeT7
— Threema (@ThreemaApp) January 15, 2021
Die Nutzerzahlen der Schweizer App-Alternative Threema wachsen «so schnell wie die Schweizer Schneedecke». Threema erhielt neben Signal unter den gängigen Plattformen die besten Noten von der Digitalen Gesellschaft. Am besten wäre natürlich ein eigener Server für Kurznachrichten: «Die Digitale Gesellschaft beispielsweise nutzt eigene Infrastruktur auf Grundlage von Matrix und BigBlueButton.»
Doch ganz ohne gängige Messenger-App geht es nicht, gesteht auch Digital-Rechtsanwalt Steiger ein: «Meine Favoriten sind Signal und Threema. Die Verwendung von Telegram vermeide ich nach Möglichkeit.»