China-Diplomatie: Absage für Lindner, Besuch für Baerbock
Kurzfristig sagt Chinas Regierung ein Treffen mit Finanzminister Lindner ab. Aussenminister Qin Gang dagegen kommt nach Berlin. Hat der Affront mit dem chinesischen Verhältnis zu Lindners FDP zu tun?
Das Wichtigste in Kürze
- Widersprüchliche Signale aus China nach Deutschland: Während Finanzminister Christian Lindner kurzfristig von der chinesischen Regierung ausgeladen wurde, hat sich für Aussenministerin Annalena Baerbock spontaner Besuch aus Peking angekündigt.
Wie am Montag bekannt wurde, kommt am Dienstag, wenige Wochen vor deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen, Aussenminister Qin Gang nach Berlin. FDP-Chef Lindner dagegen musste sein für Mittwoch geplantes Treffen mit dem chinesischen Finanzminister Liu Kun spontan absagen.
Das chinesische Finanzministerium habe am Wochenende gebeten, die für den 10. Mai geplanten Gespräche der beiden Minister aus terminlichen Gründen zu verschieben, hiess es aus dem Bundesfinanzministerium. Bei dem Besuch sollten ursprünglich die Regierungskonsultationen und ein hochrangiger Finanzdialog vorbereitet werden.
Hochrangiger Finanzdialog war geplant
Lindner wollte das Gespräch in China mit einem Treffen der G7-Finanzminister in Japan verbinden. Die chinesische Seite bot laut Finanzministerium einen Alternativtermin für die Rückreise aus Japan an. «Für eine so aussergewöhnlich kurzfristige Terminverschiebung konnte der Minister nicht zur Verfügung stehen», hiess es dazu aus Berlin. Das Treffen in Peking soll den Angaben zufolge zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt werden.
Unklar ist, ob die Absage auch mit dem Verhältnis Chinas zu Lindner und dessen FDP zusammenhängt. Im März war Forschungsministerin Bettina Stark-Watzinger nach Taiwan gereist und hatte damit für Unmut in Peking gesorgt. Lindner selbst hatte Chinas Haltung zum russischen Krieg gegen die Ukraine zuletzt kritisiert und auch dafür geworben, etwa Menschenrechtsfragen offen anzusprechen.
Das sagt das Finanzministerium
«Ob die Absage mit der Position der FDP zu tun hat, Deutschland müsse selbstbewusst gegenüber Peking auftreten, ist Spekulation», hiess es am Montag aus dem Finanzministerium. Die Position ändere sich durch die Terminverschiebung jedenfalls nicht.
Die Absage dürfte bei Lindner Erinnerungen an seine Asienreise im Sommer 2019 wecken. Damals hatte er sich zuerst in Hongkong mit Oppositionellen getroffen. Danach sagte die chinesische Seite Termine in Peking ebenfalls aus Termingründen kurzfristig ab. Bei einem frostig verlaufenen Gespräch sei ihm ein Handschlag verweigert worden, berichtete Lindner später. «Wenn auf Höflichkeitsnormen kein Wert mehr gelegt wird, können wir auch Klartext», sagte er der «Süddeutschen Zeitung». Dementsprechend habe es einen offenen Austausch gegeben.
Politischer Austausch hatte wieder zugenommen
Eigentlich hatte der politische Austausch zwischen Peking und Berlin nach dem Ende der Pandemie aber zuletzt spürbar zugenommen. Mitte April war Baerbock (Grüne) zu ihrem ersten Besuch in China und traf dabei den neuen chinesischen Aussenminister. Dabei wurden erneut klare Differenzen deutlich. Baerbock sieht die Volksrepublik einerseits als Systemrivalen, andererseits aber auch als Partner und Wettbewerber.
Bei den für den 20. Juni geplante Regierungskonsultationen sollen führende Regierungsmitglieder beider Seiten zusammenkommen. Solche Gespräche veranstaltet die Bundesregierung mit mehreren engen oder strategisch wichtigen Partnern wie etwa Frankreich, Japan, Indien, Brasilien und Israel. Die letzten deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen fanden 2021 statt – wegen der Corona-Pandemie damals als Videokonferenz und überschattet von politischen Spannungen.