Abschied vom First Husband Joachim Sauer

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Deutschland,

Er wurde mal das «Phantom der Oper» genannt: Denn wenn Joachim Sauer öffentlich an der Seite seiner Ehefrau Angela Merkel auftauchte, dann war das meistens an einem 25. Juli.

Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihr Mann Joachim Sauer vor dem Festspielhaus in Bayreuth. Foto: Daniel Karmann/dpa
Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihr Mann Joachim Sauer vor dem Festspielhaus in Bayreuth. Foto: Daniel Karmann/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Beim coronabedingt nur kurzen Empfang nach den Bayreuther Festspielen steht Joachim Sauer am Sonntagabend etwas abseits.

Doch dann winkt seine Frau ihn zu sich - damit er auch drauf ist, auf dem Foto.

So ist das mit Herrn Professor Sauer, dem Ehemann von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Das Blitzlicht sucht er nicht, liebt es wohl auch nicht. Einmal, vor einige Jahren, sagte er Festspiel-Besuchern, die seine Frau bei einem privaten Besuch dort fotografierten und ihr dabei für seinen Geschmack zu nahe kamen, deutlich die Meinung.

Das Phantom der Oper

Ansonsten ist er eher still, der Mann, der nun fast 16 Jahre lang Deutschlands erster First Husband im Kanzleramt war. Die Festspiele, die das Ehepaar Merkel/Sauer fast jedes Jahr besucht, weil beide grosse Wagner-Fans sind, sind eine der wenigen Gelegenheiten, bei denen Sauer sich an Merkels Seite zeigt - kurz bevor beide dann traditionell weiterfahren zum Wandern in Südtirol.

Die Presse taufte den Klassik-Fan darum mal «das Phantom der Oper». Interviews in seiner Rolle als Kanzlerin-Gatte gab er nie. Homestorys wie zu Hannelore Kohls Zeiten? Undenkbar. Wie es in der Wohnung der beiden an der Berliner Museumsinsel oder im Wochenendhaus in Brandenburg aussieht, weiss die Öffentlichkeit nicht.

Auslandsreisen machte Sauer nur selten mit - bei Merkels USA-Besuch war er gerade dabei, sie waren beim Präsidentenpaar Joe und Jill Biden zum Essen eingeladen. Und nun noch einmal Wagner: Als Sauer 2019 bei der traditionell am 25. Juli stattfindenden Eröffnung fehlte, gab es gleich Gerüchte über das Eheleben der Kanzlerin, auch wenn er wenige Tage später, als die meisten Kameras weg und Merkel nur noch privat da war - wie immer auf ihren Plätzen vorne rechts im Parkett -, schon wieder an ihrer Seite war.

Kein Anhängsel

Im letzten Jahr von Merkels Amtszeit zeigte er sich dann am Sonntagabend doch noch einmal auch beim offiziellen Teil: wie immer im Smoking, mit Fliege und Igel-Schnitt an der Seite seiner dieses Mal in Orange gewandeten Frau. Beide trugen Masken im tiefschwarzen Partnerlook.

Wenn nach der Bundestagswahl im September auf Sauer ein neues Partner-Gesicht im Kanzleramt folgt, ist vieles anders als früher: Merkels Mann hat völlig selbstverständlich sein Berufsleben als international erfolgreicher Quantenchemiker und als Professor an der Berliner Humboldt-Universität fortgeführt. Das dürfte Massstäbe setzen. Ein Anhängsel oder «die Frau/der Mann hinter...» muss man im Kanzleramt im Jahr 2021 nicht mehr sein. Selbst den ersten drei Vereidigungen seiner Ehefrau im Bundestag blieb Sauer fern - erst bei der vierten und letzten Zeremonie 2018 war er dabei. Auf der Tribüne des Bundestags hatte er dabei den Laptop aufgeklappt.

Womöglich dank Herrn Sauer wird das «Damenprogramm» bei grossen Politikgipfeln inzwischen «Partnerprogramm» genannt. Und auch inhaltlich war Sauer dabei stilbildend. 2007, beim G8-Gipfel in Heiligendamm, wanderte er mit den Damen zur mecklenburgischen Burg Schlitz - und erweiterte das Programm, das sich oft auf Kunst, Kultur und Touristisches beschränkt, um einen wissenschaftlichen Vortrag des Direktors des Rostocker Max-Planck-Instituts, James W. Vaupel, über die Bevölkerungsentwicklung in den G8-Staaten.

2015, beim G7-Gipfel auf Schloss Elmau bei Garmisch-Partenkirchen, gab es nach einer sommerlichen Fahrt mit einer mit Blumen geschmückten Kutsche einen Vortrag von dem Biophysiker und Direktor des Deutschen Museums in München, Wolfgang Heckl, über «Nanotechnologie als Schlüsseltechnologie des 21. Jahrhunderts». Konkret ging es damals um nano-beschichtete Krawatten, die Schmutzwasser abweisen. Basiswissen für einen Kanzlergatten.

Schutz des Privatlebens

Mit der Presse sprach Sauer kaum, allerhöchstens, wenn es um seine Forschung und sein Fachgebiet ging, wie 2017 in der «Berliner Zeitung». Der gebürtige Lausitzer gilt als etwas spröde und knurrig: Ihn beim Brötchenbuffet nach seiner Frau zu fragen, ist als Journalist keine gute Idee. Er kann aber auch unterhaltsam sein, wie bei seiner Festrede zum 80. Geburtstag des Liedermachers Wolf Biermann im Berliner Ensemble, wie die «Süddeutsche Zeitung» schilderte. Merkel-Kennerin Evelyn Roll stellte darin auch fest: die beiden hätten es «stilbildend gut gemacht», das Beschützen ihres Privatlebens.

Kennengelernt hat sich das Paar 1984 zu DDR-Zeiten an der Ostberliner Akademie der Wissenschaften, Sauer betreute die junge Physikerin bei ihrer Doktorarbeit. Nüchtern und sachlich, diese Eigenschaften teilen beide, wie Merkel-Biograf Ralph Bollmann schreibt. Sie nannte ihn einmal einen «prima Kerl». Vor Jahren sagte Merkel in einer Talkrunde, natürlich spreche sie mit ihrem Mann über Politik. Schon zu DDR-Zeiten sei Sauer ein eminent politischer Kopf gewesen, der mit seiner Lebensgefährtin stets auch das Weltgeschehen diskutiert habe, so Bollmann.

Beide mögen Ski-Langlauf und Wandern. Fotos zeigen gemeinsame Urlaube in Südtirol oder in Süditalien. Wie es nach dem Ende der Amtszeit für das Paar Merkel/Sauer weitergeht, ist offen. Aber vermutlich gilt für ihn auch das, was sie in ihrer trockenen Art in ihrer letzten Sommer-Pressekonferenz sagte: Sie werde dann schon mit der Zeit etwas anfangen können.

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