Afghanistan: Deutscher Ex-Innenminister verteidigt Entscheidungen
In dieser Woche sagte der ehemalige Bundesinnenminister Horst Seehofer als Zeuge vor dem Afghanistan-Untersuchungsausschuss des Bundestags aus. Dabei verteidigte er sein Vorgehen bei der Evakuierung afghanischer Ortskräfte im Jahr 2021.
«Ich kann in den Spiegel schauen», erklärte Seehofer laut «Süddeutscher Zeitung». Der CSU-Politiker wies damit Kritik zurück, die Rettung der Ortskräfte sei durch überbordende Bürokratie verzögert worden.
Das Verfahren sei «absolut in Ordnung» und nicht zu bürokratisch gewesen, betonte er. Seehofer rechtfertigte die Sicherheitsüberprüfungen der Ortskräfte als notwendig und schnell, diese seien eine «Angelegenheit von Sekunden» gewesen.
Scharfe Kritik am Bundesnachrichtendienst
Der Ex-Minister räumte ein, dass es innerhalb der damaligen Bundesregierung unterschiedliche Ansichten zur Evakuierung in Afghanistan gab. Zwischen den zuständigen Ressorts und dem Auswärtigen Amt habe es teils abweichende Meinungen zu Tempo und Umfang gegeben.
Seehofer übte im Ausschuss Kritik am Bundesnachrichtendienst. Dieser habe kurz vor der Taliban-Machtübernahme noch prognostiziert, dass dies erst Monate später geschehen würde, so die «Süddeutsche Zeitung».
Der Ex-Innenminister erklärte, er habe sich auf diese Informationen verlassen. «Wir verlassen uns bis zum heutigen Tag auf die Dienste», zitiert ihn der «Bundestag».
Seehofer rechtfertigt restriktives Vorgehen
Vor dem Ausschuss begründete Seehofer, warum er sich 2021 lange gegen die Aufnahme Zehntausender Ortskräfte und Angehöriger gesperrt hatte. Er habe laut «Spiegel» eine Sogwirkung vermeiden wollen.
Seehofer erläuterte, warum anfangs grosszügigere Regelungen für Ortskräfte von Bundeswehr und Innenministerium, nicht aber anderer Organisationen vorgeschlagen wurden. Die Gefährdung durch die Taliban sei als höher eingeschätzt worden, berichtet «Spiegel».
Hochrangige Politiker als Zeugen erwartet
Mit Seehofers Befragung hat die Vernehmung prominenter Politiker im Untersuchungsausschuss begonnen. Wie «Zeit Online» berichtet, sollen in den kommenden Wochen weitere ehemalige Regierungsmitglieder aussagen.
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Zu den vorgesehenen Zeugen zählen laut «Süddeutscher Zeitung» Bundeskanzler Olaf Scholz und Altkanzlerin Angela Merkel. Auch die früheren Minister Annegret Kramp-Karrenbauer und Heiko Maas sollen befragt werden.
Chaotische Szenen bei Abzug aus Afghanistan
Der Bundeswehrabzug aus Afghanistan begann im Mai 2021. Am 30. Juni verliessen die letzten deutschen Soldaten das Land. Die Taliban rückten schneller als erwartet vor.
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Die Bundeswehr flog in einer Luftbrücke über 5000 Menschen aus. Der Einsatz endete am 27. August 2021.