Airbus: Milliardenstrafe überschattet Erfolgsjahr
Erstmals seit Jahren hat Airbus 2019 mehr Flugzeuge als Erzrivale Boeing ausgeliefert. Was für ein Erfolg für den europäischen Flugzeugbauer. Doch davon war wenig zu spüren, als Airbus nun einen Milliardenverlust präsentierte.
Das Wichtigste in Kürze
- Milliardenstrafen wegen eines Korruptionsskandals haben Airbus das Rekordjahr 2019 ordentlich verhagelt.
Der Luftfahrt- und Rüstungskonzern rutschte tief in die roten Zahlen und fuhr einen Verlust von knapp 1,4 Milliarden Euro ein.
Grund dafür sind auch schlechte Exportaussichten für den Militärtransporter A400M. «Natürlich können wir damit nicht zufrieden sein», sagte Konzernchef Guillaume Faury bei der Vorstellung der Bilanz am Donnerstag in Toulouse. Dabei hatte Airbus im vergangenen Jahr dem kriselnden US-Rivalen Boeing den Titel als weltgrösster Flugzeugbauer abgejagt.
Seit Jahren laufende Untersuchungen wegen Korruptions- und Bestechungsvorwürfen hatten den Luftfahrtkonzern massiv unter Druck gesetzt. Die Behörden untersuchten nach einer Selbstanzeige Bestechungsvorwürfe im Zusammenhang mit Verträgen beim Verkauf von Zivilflugzeugen und Satelliten. Die Vorwürfe betreffen unter anderem Unregelmässigkeiten im Zusammenhang mit Mittelsmännern.
Airbus einigte sich schliesslich Ende Januar mit den Behörden in Frankreich, Grossbritannien und den USA auf eine beispiellose Strafzahlung von insgesamt 3,6 Milliarden Euro. «Das ist der Preis, wenn man ein neues Kapitel aufschlagen will», sagte Faury. Die verbuchte Milliardenbelastung führte dazu, dass Airbus 2019 sogar tiefer in die roten Zahlen sackte als sein US-Konkurrent Boeing, der infolge des anhaltenden Flugverbots für seinen Mittelstreckenjet 737 Max seit März 2019 in einer schweren Krise steckt.
Hinzu kam, dass sich Airbus kaum noch Chancen ausrechnet, seinen Militärtransporter A400M in nächster Zeit ins Ausland zu verkaufen. Daher verbuchte das Unternehmen eine Sonderbelastung von 1,2 Milliarden Euro. Faury nannte vor allem das deutsche Ausfuhrverbot für Rüstungsgüter nach Saudi-Arabien als Grund. «Es bringt Unsicherheit», monierte er und forderte Klarheit für die Zukunft. Saudi-Arabien hat die A400M bisher nicht bestellt. Allerdings hatte sich die Airbus-Führung dort grosse Chancen ausgerechnet. Der Militärtransporter hatte bereits immer wieder für Probleme und Mehrkosten in Milliardenhöhe gesorgt.
Faury spekulierte nun trotz des Desasters bei Boeing nicht auf einen Auftragsboom für Airbus. «Wir profitieren kurzfristig nicht von der Boeing-Krise», sagte er. Das liege auch daran, dass die Produktion der Airbus-Mittelstreckenjets der A320neo-Modellfamilie inzwischen bis ins Jahr 2025 ausgebucht sei. Flugzeugverkäufe sollten künftig «ohne Bestechung und korrupte Praktiken» über die Bühne gehen, sagte er mit Blick auf die jüngsten Strafzahlungen. «Das ist für mich als Unternehmenschef und den Verwaltungsrat äusserst wichtig.»
Sorgen bereitet der Branche auch die Coronavirus-Epidemie. Airbus hat die Endmontage in seinem Werk in China zwar wieder schrittweise hochgefahren. «Wir sind erst am Anfang der Krise», betonte Faury jedoch. Man könne die Auswirkungen des Virus auf die Luftfahrt und den Konzern im Moment noch schwer abschätzen, da nicht klar sei, wie sich die Lage weiterentwickelt. Airbus fertigt in Tianjin nahe Peking Mittelstreckenjets der A320-Reihe für den chinesischen Markt.
Unterdessen übernimmt der europäische Konzern endgültig die Führung bei dem gemeinsam mit Bombardier gebauten Kurz- und Mittelstreckenjet Airbus A220. Der kriselnde kanadische Flugzeug- und Zughersteller Bombardier steigt komplett aus dem Programm aus, wie beide Seiten ebenfalls am Donnerstag mitteilten. Airbus und die kanadische Provinz Québec übernehmen Bombardiers verbliebenen Anteil an dem A220-Gemeinschaftsunternehmen.
Airbus zahlt dafür 591 Millionen US-Dollar (rund 543 Millionen Euro) und stockt seinen Anteil von gut 50 auf 75 Prozent auf. Die Kanadier hatten das Flugzeug ursprünglich als Bombardier C-Serie entwickelt, sich dabei aber finanziell übernommen. Daher hatte Airbus bereits Mitte 2018 die Mehrheit der Anteile übernommen und vermarktet das Modell seither unter dem Namen A220.
Hinter Airbus liegt eine Phase des Umbruchs. Im vergangenen Jahr hatte sich der deutsche Konzernchef Thomas Enders verabschiedet - der 51-jährige Franzose Faury übernahm das Ruder im April. Faury und sein Team geben sich mit Blick auf die Zukunft durchaus zurückhaltender als der als «Major Tom» bekannte und forsche Enders. So nimmt sich Faury beim Ausbau der Flugzeugproduktion und beim bereinigten operativen Gewinn nur vorsichtige Steigerungen vor.