Alexej Nawalny: Mutter durfte seine Leiche sehen
Seine Mutter hat eigenen Angaben zufolge die Leiche von Kremlgegner Alexej Nawalny gesehen. Sie darf diese aber nicht mitnehmen und beerdigen.
Das Wichtigste in Kürze
- Alexej Nawalnys Mutter durfte seine Leiche sehen.
- Jedoch darf sie sie nicht wie gefordert mitnehmen und beerdigen.
- Auch die Kirche schaltet sich in den Streit um Nawalnys Leiche mit ein.
Die Mutter des im russischen Straflager gestorbenen Kremlgegners Alexej Nawalny hat nach tagelangem Warten Zugang zu seiner Leiche erhalten. Sie habe den Körper ihres Sohnes in der Leichenhalle zu sehen, aber nicht ausgehändigt bekommen, teilte Ljudmila Nawalnaja am Donnerstag in einem Video mit.
Der 47-Jährige war am Freitag vergangener Woche im Straflager gestorben. Gemäss seinem Team stehe in seiner Todesurkunde, er sei an einer natürlichen Ursache gestorben.
Seither hatte die Mutter die Leiche in der Region am Polarkreis gesucht. Sie forderte erneut in dem Video, dass ihr der Leichnam ausgehändigt werde, damit sie ihn beerdigen könne.
Sie warf dem Machtapparat vor, Nawalny heimlich unter die Erde bringen zu wollen. In einem auf Youtube veröffentlichten Video erklärt sie: «Die Ermittler haben mir in die Augen geschaut und gesagt, sie tun der Leiche meines Sohnes etwas an, wenn ich nicht mit einer geheimen Beerdigung einverstanden bin.»
Geistliche fordern Freigabe von Leiche
Hunderte russisch-orthodoxe Geistliche und Laien haben in einem Appell den Moskauer Machtapparat zur Freigabe Nawalnys Leiche aufgefordert.
«Wir fordern Sie auf, den Leichnam von Alexej Nawalny an seine Familie zu übergeben, damit seine Mutter, andere Familienangehörige und Gleichgesinnte sich von ihm verabschieden und ihm ein christliches Begräbnis bereiten können», hiess es in dem Appell, der am Donnerstag auch vom Team des Oppositionellen verbreitet wurde. Nach orthodoxem Brauch sollen Gläubige am dritten Tag nach ihrem Tod beerdigt werden.
Alexej Nawalny: Kreml weist Mord-Vorwürfe zurück
Der russische Machtapparat hält die Leiche des am Freitag voriger Woche für tot erklärten Nawalny weiter unter Verschluss. Zuvor hatte auch die Mutter des 47-Jährigen, Ljudmila Nawalnaja, sich per Video mit der Forderung an Präsident Wladimir Putin gewandt, ihren Sohn beerdigen zu dürfen. Menschenrechtler, Angehörige und Unterstützer werfen Putin vor, er habe seinen Gegner im Straflager ermorden lassen. Der Kreml weist die Anschuldigungen zurück.
Die russisch-orthodoxen Gläubigen erinnerten Putin, der sich selbst oft mit Kerze in der Hand in Kirchen zeigt, daran, dass es christliche Regeln gebe; die Angehörigen hätten einen Anspruch auf die Beerdigung.
«Das ist nicht nur ihr Wunsch und ihr gutes Recht, sondern auch ihre Pflicht gegenüber Gott und dem Verstorbenen», hiess es in dem Appell, der seit Mittwoch im Internet abrufbar ist und 800 Namen aufwies. «Alexej Nawalny war nicht nur ein Oppositionspolitiker, er war auch ein gläubiger Mensch.»
Geistliche: «Zeigen Sie Barmherzigkeit»
Die Tragödie des Todes dürfe nicht dadurch verschärft werden, dass eine einfache menschliche Bitte abgeschlagen werde. «Denken Sie daran, dass vor Gott alle gleich sind.» Es bestehe die Gefahr, dass durch Ungnade und Unmenschlichkeit die Spannungen in der Gesellschaft noch weiter zunähmen. «Zeigen Sie Barmherzigkeit und Mitgefühl für seine Mutter, seine Frau, seine Kinder und seine Angehörigen.»
Nawalny ist am 16. Februar nach Behördenangaben im Straflager mit dem inoffiziellen Namen «Polarwolf» in der sibirischen Arktisregion Jamal ums Leben gekommen. Der durch einen Giftanschlag im Jahr 2020 und wiederholte Einzelhaft im Lager geschwächte Politiker soll bei einem Rundgang auf dem eisigen Gefängnishof zusammengebrochen und trotz Wiederbelebungsversuchen gestorben sein. Die Todesursache ist unklar.