Belgien will die Laufzeit ihrer AKW mindestens um zehn Jahre verlängern. Somit zögert sich der Atomausstieg bis 2035 heraus. Deutschland ist kritisch.
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Das Atomkraftwerk Tihange. Belgien will den Atomausstieg um zehn Jahre verschieben. - Oliver Berg/dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • Belgien will die Laufzeit ihrer letzten Atomkraftwerke um zehn Jahre verlängern.
  • So will man die Energiesicherheit des Landes sicherstellen.
  • Deutschland sieht den Schritt jedoch kritisch und hat Sicherheitsbedenken.
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Zehn Jahre später als geplant sollen in Belgien die letzten Atomkraftmeiler vom Netz gehen. Bundesumweltministerin Lemke wischt ähnliche Überlegungen für Deutschland noch einmal vom Tisch. Und Nordrhein-Westfalen blickt mit Sorge auf das Nachbarland.

Bundesumweltministerin Steffi Lemke hat die Entscheidung zur Verschiebung von Belgiens Atomausstieg bedauert. Zugleich bekräftigte sie die generelle Abkehr von der Kernenergie in Deutschland.

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«Halte eine Laufzeitverlängerung aus Sicherheitsgründen für nicht vertretbar»: Bundesumweltministerin Steffi Lemke. - Bernd von Jutrczenka/dpa

Die Argumente für und gegen längere Laufzeiten seien in den vergangenen Wochen gründlich abgewogen worden. Das sagte die Grünen-Politikerin der Deutschen Presse-Agentur. «Das Ergebnis war eindeutig: Einem kleinen Beitrag zur Energieversorgung stünden grosse wirtschaftliche, rechtliche und sicherheitstechnische Risiken entgegen. Das wäre weder sinnvoll noch vertretbar.»

Laufzeitverlängerung bis mindestens 2035 – Atomausstieg verschoben

Block 3 des Atomkraftwerkes Tihange nahe der deutschen Grenze soll zehn Jahre länger laufen. Auch Block 4 des Kraftwerkes Doel bei Antwerpen wird noch zehn Jahre in Betrieb bleiben – bis mindestens Ende 2035. Das hatte die belgische Regierung am Freitagabend mitgeteilt.

Mit dem verschobenem Atomausstieg will Belgien auch angesichts des Ukraine-Krieges und zuletzt stark gestiegener Energiepreise seine Energiesicherheit gewährleisten.

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Ein Atomkraftwerk in Belgien. Das Land verschiebtr seinen Atomausstieg (Symbolbild). - dpa

Auch in Deutschland war eine AKW-Laufzeitverlängerung zuletzt wieder diskutiert worden. Der Krieg in der Ukraine und die stark gestiegenen Gaspreise haben gezeigt, wie abhängig Europa von fossilen Brennstoffen ist. Besonders auf Russland sei man angewiesen.

Die Vorbereitungen für die Abschaltung der letzten drei Atomkraftwerke in Deutschland bis sei schon zu weit fortgeschritten. Sie könnten nicht noch länger in Betrieb gehalten werden, stellte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) klar.

Lemke: «Beschleunigter Ausbau der erneuerbaren Energien»

Ministerin Lemke sagte: «Gerade in einer Krisenzeit wie dieser halte ich eine Laufzeitverlängerung aus Sicherheitsgründen für nicht vertretbar. Sie kann uns sogar verwundbarer machen.» Die Sorge um die AKW-Sicherheit in der Ukraine führe allen das potenzielle Schadensausmass von Atomkraftwerken dramatisch vor Augen.

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Dieser Schutzbau bedeckt den vor 36 Jahren explodierten Reaktor im Kernkraftwerk Tschernobyl. Foto: Efrem Lukatsky/AP/dpa - dpa-infocom GmbH

«Wir befinden uns in einer Situation, in der wir unsere Energieversorgung sehr schnell krisenfest machen müssen. Das machen wir durch einen beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien.»

Verschobener Atomausstieg: NRW hat Sicherheitsbedenken

Nordrhein-Westfalen äusserte nach der Ankündigung Belgiens, Sicherheitsbedenken und fordert die intensive Prüfung der Anlagen. Zwar handele es sich um eine souveräne Entscheidung jedes Staates, teilte das NRW-Wirtschafts- und Energieministerium mit. «Im Interesse der Bürgerinnen und Bürger der EU müssen dabei aber natürlich die Sicherheitsanforderungen berücksichtigt werden. Und damit auch die Belange der europäischen Nachbarn.»

«Wir werden auf Transparenz bei der Entscheidung, eine umfassende grenzüberschreitende Umweltverträglichkeitsprüfung und strenge Massstäbe bei der umfassenden Sicherheitsüberprüfung drängen.» Damit will man das verlorene Vertrauen in die dann 50 Jahre alten Anlegen zurückgewinnen, so das Ministerium in Düsseldorf. Nordrhein-Westfalen kritisiert seit langem die störanfälligen Reaktoren in Belgien. Die Stadt Aachen und die Bundesregierung hatten gefordert, die Reaktoren stillzulegen.

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