Attentäter von Halle (Saale) wird zur Höchststrafe verurteilt
Der Attentäter von Halle (Saale) tötete im Oktober 2019 zwei Menschen und verletzte weitere. 14 Monate danach wird er zur Höchststrafe verurteilt.
Das Wichtigste in Kürze
- Der rechtsterroristische Anschlag in Halle im Oktober 2019 sorgte weltweit für Entsetzen.
- Gut 14 Monate danach wird am Montag im Prozess das Urteil verkündet.
- Der Attentäter kriegt lebenslange Haft mit anschliessender Sicherungsverwahrung.
Der rechtsterroristische Anschlag in Halle (Saale) im Oktober 2019 war eines der schlimmsten antisemitischen Verbrechen der deutschen Nachkriegsgeschichte. Gut 14 Monate danach wurde am Montag im Prozess das Urteil verkündet.
Der Attentäter Stephan B. (28) wird zur Höchststrafe verurteilt. Heisst: lebenslange Haft mit anschliessender Sicherungsverwahrung. Zudem stellte das Oberlandesgericht Naumburg am Montag die besondere Schwere der Schuld fest.
Kläger forderten Höchststrafe
Bundesanwaltschaft und Nebenklage forderten in dem Verfahren am Oberlandesgericht (OLG) Naumburg die Höchststrafe für den Angeklagten. Das bedeutet lebenslange Haft, anschliessende Sicherungsverwahrung und die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld. Die Verteidigung hatte in ihrem Plädoyer kein anderes Strafmass gefordert.
Am 9. Oktober 2019 hatte der Terrorist versucht, 51 Menschen zu töten. Die Menschen feierten in der Synagoge von Halle (Saale) den höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur.
Er scheiterte an der massiven Tür, erschoss daraufhin die Passantin Jana L. und später in einem Döner-Imbiss den 20 Jahre alten Auszubildenden Kevin S..
Auf der anschliessenden Flucht verletzte er weitere Menschen. Der Prozess lief seit Juli vor dem OLG Naumburg, aus Platzgründen fand er jedoch in Magdeburg statt. Der 28-jährige Deutsche Stephan Balliet hat die Taten gestanden und mit antisemitischen, rassistischen und antifeministischen Verschwörungstheorien begründet.
Dutzende Überlebende und Hinterbliebene als Zeuge
Das mitanzuhören, war für allem für die vielen Überlebenden und Hinterbliebenen, die dem Prozess im Gerichtssaal folgten, eine Zumutung gewesen. Der Angeklagte hatte jede Reue vermissen lassen. Viel mehr betonte er, dass er weitere Menschen töten würde, wenn er die Gelegenheit dazu hätte.
Dutzende Überlebende und Hinterbliebene waren ihm im Prozess entgegengetreten. Dem Gericht hatten sie als Zeuge oder als Nebenkläger im Schlussvortrag berichtet. Sie erzählten, wie sie den Anschlag überlebt hatten und mit welchen Folgen sie zu kämpfen hatten.
Unter anderem hatte der Vater von Kevin ausgesagt, Kevin war mit einer geistigen Behinderung geboren worden. Ärzte wussten nach Angaben seines Vaters lange nicht, ob er das Erwachsenenalter überhaupt erreichen würde. Der Vater schilderte vor Gericht, wie Kevin nach langem Kampf und mit Hilfe seiner Familie sogar eine Ausbildungsstelle fand. Kurz nachdem er sie antrat, wurde er erschossen, als er im Döner-Imbiss zu Mittag ass.
Die Angehörigen von Jana L. waren nicht am Prozess beteiligt, ihr Name fiel dennoch ständig im Verfahren. Jana wurde von Freunden in Medienberichten als fröhlicher Mensch beschrieben, die gerne Musik hörte und Autogrammkarten sammelte. Sie ging am Tag des Anschlags zufällig an der Synagoge vorbei, als der Terrorist versuchte einzudringen.
Sie machte eine beiläufige Bemerkung und ging vorbei. Der Terrorist tötete sie dann mit Schüssen in der Rücken. Alle Überlebenden, die vor Gericht aussagten, erinnerten an die beiden Toten.
Waffen bei Eltern gebaut und versteckt
Der Angeklagte hatte sich nach zwei gescheiterten Anläufen eines Studiums nicht mehr um eine Ausbildung oder einen Arbeitsplatz bemüht. Anders als Jana hatte er, wie der Prozess zeigte, auch weder Freunde noch Hobbys. Abwechselnd wohnte er im Haus seines Vaters und in der Wohnung seiner Mutter. Die Eltern machten vor Gericht von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch.
Die Nebenklage glaubte dem Angeklagten nicht, dass seine Eltern nichts von seinen Plänen gewusst hatten. Die Waffen, die er zum Anschlag nutzte, hatte er bei ihnen gebaut und versteckt.
Das Verfahren gilt als grösster und meist beachteter Prozess in der Geschichte Sachsen-Anhalts. 79 Zeugen und 15 Sachverständige befragte das Gericht, 45 Überlebende und Hinterbliebene wurden als Nebenkläger zugelassen, vertreten von 23 Anwälten.