Auschwitz-Überlebender: «Ich bin einer der Letzten»
Mit einer Gedenkveranstaltung wird in Israel an die Befreiung von Auschwitz vor 75 Jahren erinnert. Nachum Rotenberg (91) ist einer der letzten Überlebenden.
Das Wichtigste in Kürze
- Nachum Rotenberg ist einer der letzten Überlebenden von Ausschwitz.
- Er will seine Geschichte immer wieder erzählen, auch in Deutschland.
«Ich hatte ein bisschen Glück», erzählt der 91-Jährige. Im Konzentrationslager Hannover-Ahlem sei ein Koch gesucht worden und gesucht war der, der am wenigsten wog. Mit seinen 28 Kilo war das Rotenberg. In der Küche musste er riesige Töpfe reinigen und konnte somit immerhin Überreste essen.
Auschwitz ist wie kein anderer Ort Sinnbild der Grauen des Holocaust. Im Januar 1945 befreiten Soldaten der Roten Armee das Lager. Die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem begeht am Donnerstag den 75. Jahrestag der Befreiung.
Überlebende gibt es nur noch wenige. «Ich bin einer der Letzten», sagt Rotenberg, der 1928 in Polen zur Welt kam. 1944 wurde er als 15-Jähriger mit seiner Familie nach Auschwitz-Birkenau deportiert.
Angst, Verzweiflung und Kälte
Als sie nach Birkenau kamen, wurden seine Eltern sofort in den Tod geschickt. Rotenberg und sein Bruder wurden jedoch für etwa einen Monat Insassen des berüchtigten Lagers. «Wir waren nicht so lange dort, aber jede Minute fühlte sich an wie zehn Jahre – wegen der Angst, der Verzweiflung, der Kälte.»
«In Auschwitz wurden jeden Tag Menschen verbrannt», erinnert er sich. «Die SS-Männer haben immer wieder wahllos auf Häftlinge geschossen.» Seine Erinnerungen hat er in einem schriftlichen Zeitzeugnis festgehalten: «Ich habe jede Nacht die Bilder vor Augen».
Rotenberg, sein Bruder und ein Cousin zur Zwangsarbeit nach Deutschland verfrachtet. Zuerst kamen sie in die Continental-Werke in Hannover-Stöcken. «Wir waren billige Arbeitskräfte - keine Kleidung, kein Essen, nichts.»
Es sei oft zu Misshandlungen gekommen. Ein deutscher Mitarbeiter des Reifenherstellers habe ihm allerdings manchmal heimlich Brot zugesteckt. «Solche gab es auch – aber leider nur wenige.»
Kriegsende
Das Kriegsende erlebte er in Hannover-Ahlem, einem der Aussenlager des KZ Neuengamme. Sein Bruder und sein Cousin starben dort an Entkräftung. Er selbst überlebte wohl nur dank seiner Arbeit in der Küche.
Er erinnert sich noch genau an die Momente der Befreiung im April 1945. «Italienische und polnische Häftlinge öffneten das Tor des Lagers.» Gemeinsam mit einem jüdischen Mithäftling floh er.
Sie fanden zurückgelassene Wehrmachtsuniformen. In dieser Montur trafen sie zum ersten Mal auf amerikanische GIs, welche sie mitnahmen. Über die Frage, ob man sie nicht für deutsche Soldaten gehalten habe, kann er nur müde lachen. «Niemand hätte das denken können, so wie wir aussahen.»
Nach der Befreiung kehrte er erst wieder 1975 nach Deutschland zurück. Er sagte im Prozess gegen Heinrich Johann (genannt Hans) Wexler aus – über Verbrechen, die er in Hannover-Ahlem begangen hatte. «Es war ein Schock, diesem Menschen wieder ins Gesicht zu schauen.»