Autofahrer flüchtet nach tödlichem Crash: Vier Jahre Haft
Ein Autofahrer rast in eine Gruppe junger Menschen und flieht. Zurück bleiben ein toter junger Mann, Verletzte und verstörte Hinterbliebene. Keine Absicht, sagt der angeklagte Fahrer. Das Gericht zeigt zwar Mitleid mit dem Mann, er muss dennoch in Haft.
Das Wichtigste in Kürze
- Es sind nur wenige Dutzend Meter von der Jet-Tankstelle zur Einmündung der Landstrasse ins baden-württembergische Sachsenheim (Kreis Ludwigsburg).
Zu weit für die vier jungen Menschen, die dort in einer Mai-Nacht auf dem Weg nach Hause sind. Sie kennen sich nicht aus in der Gegend, weil sie von einer Familienfeier kommen. Nun gehen sie hintereinander am Strassenrand und glauben, das warnende Licht der Handy-Taschenlampe reiche aus, um nicht übersehen zu werden. Ein tödlicher Irrtum, für den ein Autofahrer ins Gefängnis muss. Denn er übersah die Gruppe im Mai 2019, prallte gegen die beiden Paare und gab dann weiter Gas, als sei nichts passiert.
Das Landgericht Heilbronn warf ihm deshalb am Montag nicht nur Unfallflucht und fahrlässige Tötung vor. Es verurteilte ihn auch wegen versuchten Mordes in zwei Fällen zu einer Haftstrafe von insgesamt vier Jahren.
Bei dem Crash war ein 21-Jähriger gestorben, er erlag seinen Wunden noch am Strassenrand. Die drei anderen jungen Menschen - darunter seine Verlobte - wurden schwer verletzt. Der 44 Jahre alte Fahrer muss die Gruppe erkannt und den Aufprall eingeordnet haben, zeigte sich das Gericht überzeugt. Doch in jener Nacht kümmerte sich der Familienvater nicht weiter, sondern ergriff die Flucht und stellte sich erst Stunden später der Polizei.
«Sie überliessen es letztlich dem Zufall, ob die Verletzten überleben oder nicht», warf ihm der Richter vor. Er habe der Kammer ein Märchen aufgetischt, denn sowohl die Beweisaufnahme als auch Sprachnachrichten und Handy-Chats zeigten, dass seine Version der Unfallnacht nicht stimmen könne.
Der Mann hatte im Prozess über seine Anwälte erklären lassen, er habe bei dem Unfall im Auto geraucht und seinen Blick von der Landstrasse auf den Aschenbecher gewandt. Er habe einen Knall bemerkt und sei nach dem Schlingern des Fahrzeugs vom Zusammenstoss mit einer sogenannten Warnbake ausgegangen, die normalerweise den Verkehr absperrt. Erst am nächsten Morgen habe er begriffen, dass die Beschreibung des Unfallautos in einem Internet-Artikel zu seinem Wagen passte. Daraufhin habe er sich bei der Polizei gemeldet.
In seinem letzten Wort bat er am Montag erneut um Entschuldigung und zeigte Reue. «Der Tag des Unfalls war der schlimmste meines Lebens», sagte er. «Auf keinen Fall» habe er in jener Nacht gesehen, womit sein Auto zusammengestossen sei. «Leider habe ich wie alle anderen auch erst durch das Internet von dem Unfall erfahren.»
Die Staatsanwaltschaft und die Nebenklage hatten eine Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren beantragt, die Verteidigung dagegen auf eine Bewährungsstrafe wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort plädiert. Beide blitzten bei der Kammer ab, ihre Anträge seien zum einen überhöht, zum anderen Wunschdenken.
«Jeder sollte bedenken, dass auch ihm ein Fehler unterlaufen kann und auch er einen schweren Unfall verursachen kann», sagte der Richter. Ein kaltblütiger Mörder? Ein Totschläger? Keineswegs treffe das auf den Familienvater zu, der still und regungslos die Urteilsbegründung aufnahm. Aber für das Verhalten nach der Tat könne man kein Verständnis haben. «Man muss sich fragen, wie sich ein Mensch so gnadenlos über ein Menschenleben hinwegsetzen kann.»