Beirut verurteilt «gefährliche militärische Eskalation» an Grenze zu Israel
Nach heftigen Gefechten im israelisch-libanesischen Grenzgebiet hat die Regierung in Beirut die israelische Armee für eine «gefährliche militärische Eskalation» verantwortlich gemacht.
Das Wichtigste in Kürze
- Netanjahu: «Israel bereit für jedes Szenario».
Israel habe zum wiederholten Male die libanesische Souveränität verletzt, erklärte der libanesische Regierungschef Hassan Diab am Dienstag im Kurzbotschaftendienst Twitter. Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu warf der libanesischen Hisbollah-Miliz derweil einen «Infiltrationsversuch» auf Geheiss des Iran vor.
Er fürchte, dass sich die Situation in den kommenden Tagen wegen der «ernsten Spannungen an der Grenze» noch verschlimmern werde, sagte Diab. Israel warf er vor, die «Verhaltensregeln» ändern zu wollen, auf die sich beide Seiten nach dem Ende des Libanonkriegs 2006 geeinigt hätten. Es handelte sich um die erste offizielle Reaktion Beiruts auf die Grenzgefechte am Montag.
Nach Angaben der israelischen Armee waren die Gefechte ausgebrochen, nachdem drei bis fünf mit Gewehren bewaffnete Männer aus dem Libanon die sogenannte Blaue Linie im umstrittenen Berg-Dow-Gebiet in den Golanhöhen überquert hatten. Das Gebiet wird von Israel, Syrien und dem Libanon beansprucht. Israelische Soldaten hätten daraufhin das Feuer eröffnet und die «Terroristen» zurückgedrängt, teilte die Armee mit. Aus «Verteidigungszwecken» sei zudem libanesisches Gebiet beschossen worden.
Israels Ministerpräsident Netanjahu sagte am Dienstag bei einem Besuch des Hauptquartiers der israelischen Armee auf den Golanhöhen, die Gefechte seien das Ergebnis der «Versuche des Iran und seiner libanesischen Handlanger, sich militärisch in unserer Region festzusetzen». Israel werde «alles Nötige» zu seiner Verteidigung tun. «Ich rate der Hisbollah, dies als Tatsache hinzunehmen. Israel ist bereit für jedes Szenario», betonte Netanjahu weiter.
Die vom Iran unterstützte Hisbollah-Miliz hatte eine Beteiligung an dem Vorfall am Montag zurückgewiesen und von einer «komplett falschen» Darstellung Israels gesprochen.
Die UN-Friedensmission Unifil kündigte eine Untersuchung der Gefechte an. Offiziell befinden sich Israel und der Libanon noch immer im Krieg, die Unifil patrouilliert im Grenzgebiet.
Diab warf Israel vor, das Ende dieses Monats auslaufende Unifil-Mandat ändern zu wollen. «Es gibt einen Versuch, den Libanon unter Druck zu setzen, indem damit gedroht wird, die Zahl der Unifil-Soldaten zu reduzieren, wenn das Mandat der Mission nicht geändert wird», erklärte der libanesische Regierungschef. Eine Anpassung der Aufgaben von Unifil lehne sein Land jedoch ab.
Die US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Kelly Craft, hatte Anfang Mai gefordert, der Unifil zu erlauben, «ihr Personal und ihre Ressourcen neu auszurichten». Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah hatte den Vorschlag als «israelische Forderung» umgehend zurückgewiesen.
Israel hatte in den vergangenen Tagen seine Nordgrenze in Alarmbereitschaft versetzt und Truppen dorthin verlegt. Israelische Medien berichteten von möglicherweise bevorstehenden Vergeltungsaktionen der Hisbollah-Miliz für den Tod eines ihrer Kämpfer bei einem mutmasslich israelischen Luftangriff in Syrien. Hisbollah-Vizechef Naim Kasim hatte am Sonntag gedroht, wenn Israel einen Krieg starten wolle, «werden wir antworten».
Die Hisbollah kämpft im syrischen Bürgerkrieg an der Seite der Regierung in Damaskus. Seit dem Beginn des Bürgerkriegs in Syrien 2011 hat die israelische Armee hunderte Luftangriffe gegen Stellungen der syrischen Regierungstruppen sowie ihrer pro-iranischen Verbündeten ausgeführt.