Beizen fälschen ihre Lieferdienst-Bewertungen
Auffällig: Einige Beizen haben beim Essenslieferdienst Justeat plötzlich deutlich bessere Bewertungen – teils sogar bestmögliche. Es wird getrickst.

Das Wichtigste in Kürze
- Ansonsten mässig bewertete Beizen haben auf Justeat plötzlich solide 5-Stern-Bewertungen.
- Der Lieferdienst bestätigt: Einige bessern ihre Bewertungen im Netz künstlich auf.
- Justeat betont, in solchen Fällen Konsequenzen zu ziehen.
Vor ein paar Wochen hat die Beiz beim Essenslieferdienst Justeat noch eine Bewertung von um die vier Sterne. Jetzt plötzlich ganze fünf Sterne, also die bestmögliche Bewertung – und das bei über 900 Rezensionen.
Es handelt sich um ein indisches Restaurant aus der Deutschschweiz. Bei ihm ist die deutliche Verbesserung innert kürzester Zeit besonders auffällig.
Denn: Fünf Sterne – das ist eine Bewertung, die bei so vielen Rezensionen kaum erreichbar ist, ohne zu tricksen.
Das zeigt auch ein Blick auf das Lieferangebot in mehreren Schweizer Städten. Fast nur Beizen mit einer Handvoll Bewertungen erreichen fünf Sterne. Sobald es mehr als ein Dutzend sind, wird die volle Punktzahl praktisch unmöglich.
Mit der plötzlichen Verbesserung wiederum ist die Beiz nicht allein: Gleich mehrere Schweizer Restaurants haben ihre Justeat-Bewertungen zuletzt deutlich aufwerten können.
Zufall – oder bewerten sich die Beizen grosszügig selbst?
Justeat hat Beizen wegen Selbstbewertungen gekündigt
Petar Djordjevic vom Essenslieferdienst Justeat erklärt auf Anfrage von Nau.ch: «Tatsächlich sind uns bereits Restaurants aufgefallen, die ihr Rating mit sogenannten ‹Selbstbewertungen› künstlich aufgebessert haben.»
Er betont, dass das nicht erlaubt ist – es widerspricht den vertraglichen Vereinbarungen. Darum hat das für die entsprechenden Wirte Konsequenzen.
«Justeat entfernt alle Bewertungen, die nachweislich von den Restaurants selbst verfasst wurden.»
In letzter Instanz könne es sogar dazu führen, dass der Essenslieferdienst den Vertrag mit der betreffenden Beiz auflöst.
Soweit ist es bereits mehrmals gekommen, wie Djordjevic sagt: «Justeat hat tatsächlich bereits Verträge aufgrund von Selbstbewertungen aufgelöst.»
Ob das konkrete indische Restaurant zu denen gehört, die auf verbotene Selbstbewertungen setzen, kommentiert Justeat nicht.
SECO bestätigt Selbstbewertungen
Auch das Staatssekretariat für Wirtschaft SECO hat bereits Beanstandungen über «geschönte oder eingekaufte Kundenbewertungen» erhalten, wie eine Sprecherin Nau.ch bestätigt.

Allerdings «selten» – und: «In letzter Zeit haben wir keine Beschwerden erhalten, in denen die Seriosität der Kundenbewertungen von Restaurants infrage gestellt worden wären.»
Das SECO könne nicht beurteilen, wie weitverbreitet das Phänomen in der Schweiz ist.
Verdächtige Schwankungen fallen nicht immer auf
Justeat hat extra ein Team, das für die Kundenbewertungen zuständig ist. Allerdings fallen ihm solche plötzlichen Schwankungen nicht immer auf, wie Djordjevic zugibt.
Der Grund: «Unsere Prozesse richten sich nach einzelnen Bewertungen sowie dem jeweiligen Inhalt und nicht nach dem Gesamt-Rating eines Restaurants.»
Die Kundschaft habe nach der Bestellung jeweils zwei Wochen Zeit, um eine Bewertung abzugeben. «Grundsätzlich wird jede Bewertung veröffentlicht, es sei denn, sie wird gemäss unseren Richtlinien entfernt», erklärt er.
Sowohl die Kundschaft als auch die Partner-Restaurants können laut Djordjevic die Entfernung gewisser Bewertungen beantragen. «Dabei moderiert Justeat Bewertungen und Ratings nur reaktiv.»
Beizen können Lieferung selbst nicht beeinflussen
Fallen plötzliche Verbesserungen in den Bewertungen auf, muss das allerdings nicht unbedingt mit künstlichen Eigen-Rezensionen zu tun haben.
Die Burger-Restaurant-Kette Hans im Glück konnte die Bewertungen der Filiale im Bahnhof Bern zuletzt deutlich verbessern. Sie waren kürzlich sogar unter drei von fünf Sternen gerutscht. Jetzt sind sie bei 4,3.

Dahinter steckt viel Arbeit, wie Sprecherin Almina Odobasic auf Anfrage von Nau.ch betont: Die Kette arbeite stets daran, ihre Qualität zu verbessern.
Sie bestätigt: «Tatsächlich haben wir in den vergangenen Wochen eine positive Entwicklung unserer Online-Bewertungen bei Justeat festgestellt.» Nicht nur in Bern, sondern auch an einigen anderen Standorten in der Schweiz.
«Die positiven Rückmeldungen werten wir als Zeichen, dass diese Bemühungen Wirkung zeigen.»
Gleichzeitig betont die Sprecherin, dass Justeat ein externer Lieferdienst sei. Deshalb habe die Burger-Ketter nur begrenzten Einfluss auf die Auslieferung selbst.
Ständerat will Gesetz verschärfen
Der Ständerat will das Gesetz verschärfen, um besser gegen unfaire, irreführende und persönlichkeitsverletzende Beiz-Bewertungen vorgehen zu können.
In dem Postulat von Mitte-Ständerat Fabio Regazzi (TI) heisst es weiter: Es sei abzuklären, wie Bewertungsplattformen in die Pflicht genommen werden können.

«Dazu gehört beispielsweise die Überprüfung der Echtheit von Bewertungen und die schnelle Reaktion auf gemeldete missbräuchliche Inhalte.»
Der Bundesrat muss das schärfere Vorgehen noch prüfen.