Terroranschlag von Halle: Anklage fordert Höchststrafe

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Deutschland,

Nach mehr als 20 Tagen der Beweisaufnahme halten die Bundesanwälte ihr Plädoyer im Prozess zum Terroranschlag von Halle. Einer der «widerwärtigsten antisemitischen Akte seit dem Zweiten Weltkrieg» sei dieser gewesen, so ihr Fazit.

Der Angeklagte Stephan Balliet (M) sitzt zu Beginn des 20. Prozesstages zwischen seinen Verteidigern Hans-Dieter Weber (l) und Thomas Rutkowski im Landgericht. Foto: Ronny Hartmann/dpa-Zentralbild/dpa
Der Angeklagte Stephan Balliet (M) sitzt zu Beginn des 20. Prozesstages zwischen seinen Verteidigern Hans-Dieter Weber (l) und Thomas Rutkowski im Landgericht. Foto: Ronny Hartmann/dpa-Zentralbild/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Der Attentäter von Halle soll nach dem Willen der Anklage für den Rest seines Lebens hinter Gitter.

Die Bundesanwaltschaft forderte eine lebenslange Freiheitsstrafe für den Rechtsextremisten, die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld sowie anschliessende Sicherungsverwahrung.

Das ist die schärfste Strafe, die ein deutsches Gericht verhängen kann. «Es ist selten, dass diese ganze Härte des Rechtsstaats notwendig wird, wir meinen aber, dass dies ein Fall ist, in dem das angemessen ist», sagte Bundesanwalt Kai Lohse am Mittwoch nach seinem Schlussvortrag. «Es handelt sich um eine grauenhafte Tat.» Der Angeklagte habe die Taten zwar im Wesentlichen gestanden, dabei aber eine «bemerkenswerte emotionale Kälte» und nicht «auch nur einen Anflug von Reue» gezeigt.

Der Anschlag sei ein «Alptraum» gewesen und eine der «widerwärtigsten antisemitischen Akte seit dem Zweiten Weltkrieg». In ihrem mehrstündigen Schlussvortrag gingen Lohse und zwei seiner Kollegen den Anschlag, seine Vorbereitung und den Prozess noch einmal Punkt für Punkt durch. Sie beantragten, den Angeklagten wegen zweifachen Mordes, versuchten Mordes in 67 Fällen sowie versuchter räuberischer Erpressung, Volksverhetzung und friedensgefährdender Hetze schuldig zu sprechen. Der Angeklagte nahm die Forderung im Plädoyer weitestgehend ausdruckslos auf.

Der 28-jährige Deutsche Stephan Balliet hatte in dem Prozess gestanden, dass er am 9. Oktober 2019 versucht hatte, die 51 Menschen zu töten, die in der Synagoge von Halle den höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur feierten. Als er an der massiven Tür scheiterte, erschoss der Täter eine Passantin, später einen jungen Mann in einem Döner-Imbiss und verletzte weitere Menschen. Balliet begründete die Taten mit antisemitischen, rassistischen Verschwörungstheorien.

Seit Juli läuft der Prozess vor dem Oberlandesgericht Naumburg, die Verhandlung findet aus Platzgründen in Magdeburg statt. Am Mittwochmorgen hatte die vorsitzende Richterin Ursula Mertens die Beweisaufnahme am 21. Prozesstag des Hauptverfahrens geschlossen.

Bundesanwalt Lohse sagte in seinem Schlussvortrag, mit der Tat habe der Angeklagte nicht nur Gäste der Synagoge in Halle angegriffen, sondern das jüdische Leben in Deutschland insgesamt. «Damit zielte der Täter auf uns alle, denn das jüdische Leben ist ein unverzichtbarer Teil unseres Landes», so der Ankläger. Mit dem Anschlag habe der 28-Jährige «seine von Misserfolgen und Versagen geprägte Existenz» überhöhen und ihr eine besondere Bedeutung verleihen wollen.

Der Anklagevertreter äusserte zugleich grossen Respekt für die Opfer des Anschlags. Viele von ihnen, darunter Überlebende aus der Synagoge und dem Döner-Imbiss sowie verletzte Polizisten und Passanten, hatten im Prozess ausgesagt. «Im Verlauf der Hauptverhandlung wurde immer wieder und in vielen berührenden Momenten offenbar, welches Leid der Täter seinen Opfern angefügt hat», sagt der Bundesanwalt über die Aussagen der Überlebenden und Hinterbliebenen. «Das Erlebte hat bleibende Spuren hinterlassen.» Umso bemerkenswerter sei, wie couragiert die Überlebenden dem Angeklagten entgegengetreten seien.

In dem Prozess sei es dem Gericht gelungen, den Opfern genug Raum zu geben, ohne die Rechte des Angeklagten zu beschneiden oder das juristische Ziel des Verfahrens, die Feststellung der Schuld, aus den Augen zu verlieren. «Der Angeklagte hat hier keine Bühne erhalten, seine menschenverachtenden Ideologien zu verbreiten», sagte Lohse. «Gleichwohl wurden seine Rechte gewahrt und niemand wird behaupten können, dass dies kein fairer Prozess war.»

Am letzten Tag der Beweisaufnahme war am Mittwoch unter anderem der Beauftragte der Bundesregierung für den Kampf gegen Antisemitismus, Felix Klein, als Beobachter gekommen. «'Halle' markiert einen Einschnitt und zeigt, dass jeder Mensch, ob jüdisch oder nicht-jüdisch, Opfer eines antisemitischen Anschlags werden kann», teilte Klein der Deutschen Presse-Agentur mit. «Wir tragen in dieser Gesellschaft alle die Verantwortung dafür, Judenhass, gleich welcher Prägung, entschieden entgegenzutreten.» Er vertraue der Justiz, dass sie zu einem gerechten Urteil komme.

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