Boris Johnson wurstelt sich durch Corona-Krise und erntet Kritik
Kritik prasselt auf Boris Johnson ein: Wirtschaft, Opposition und Gewerkschaften fordern endlich konkrete Antworten, doch die Regierung wurstelt sich durch.
Das Wichtigste in Kürze
- Boris Johnson hat erste Massnahmen-Lockerungen in der Corona-Krise angekündigt.
- Der britische Premier befindet sich auf Gratwanderung zwischen Strenge und Lockerung.
- Dafür erntet die Regierung mehrheitlich Kritik.
Er ist das bisher berühmteste Coronavirus-Opfer: Der britische Premierminister Boris Johnson. Am eigenen Leib musste er erfahren, was es heisst, am Virus erkrankt zu sein. Drei Tage lang lag er auf der Intensivstation. Danach meinte der Premier, er habe «noch nie etwas so ernstes wie das hier» gehabt.
Doch nun muss auch Grossbritannien die strengen Massnahmen lockern. Der Druck aus der Gesellschaft und vor allem der Wirtschaft ist zu gross. Zwar mahnte Boris Johnson, es wäre «Wahnsinn» nun die durch die Opfer der Bevölkerung erzielten Fortschritte auf Spiel zu setzen.
Sport ab Mittwoch wieder erlaubt
Trotzdem stellte seine Regierung in einem 50-seitigen Papier die ersten Lockerungsschritte vor. Ab morgen Mittwoch soll wieder uneingeschränkt Sport im Freien erlaubt sein. Zudem dürfen Menschen nun auch wieder jeweils eine Person ausserhalb ihres eigenen Haushalts treffen. Und auch Ausflüge am Strand oder in der Natur dürfen unternommen werden.
Arbeitnehmer in der Baubranche und in Fabriken sollen wieder an ihre Arbeitsplätze zurückzukehren. Doch wer könne, solle doch weiter im Homeoffice arbeiten, heisst es im Regierungspapier.
Die restlichen Ausgangsbeschränkungen bleiben aber noch mindestens bis zum 1. Juni bestehen. Dann dürfen auch Kitas und Grundschulen sowie Geschäfte wieder öffnen.
Auch Sportwettkämpfe ohne Publikum könnten dann wieder stattfinden. Aber auf das Bier im Pub muss noch bis Juli gewartet werden. Gaststätten, Gotteshäuser, Friseure und Kinos sollen erst ab Juli wieder öffnen.
Gratwanderung für Boris Johnson
Die Lockerung ist eine Gratwanderung, auch für Premier Boris Johnson. Sein Land ist das am schlimmsten betroffene innerhalb Europas. Mehr als 224'000 Corona-Infektionen sind bislang nachgewiesen. Über 40'000 Menschen starben.
Nur in den USA gibt es weltweit gesehen mehr Todesopfer. Und er selbst weiss, was es heisst, an Covid-19 zu erkranken.
Auf der anderen Seite will es der eher liberale Premier nicht mit den Wirtschaftseliten des Landes verspielen. Johnson will sich mit einem Mittelweg durchwursteln und erntet dafür harsche Kritik.
Kritik aus Landesteilen, Opposition und Wirtschaft
Kritik etwa von den anderen Landesteilen Schottland, Wales und Nordirland, die nun ihre eigenen strikteren Wege angekündigt haben. Kritik von den Gewerkschaften, die hervorheben, dass nun ausgerechnet Arbeiter in Billiglohnbranchen zurück an ihre Arbeit sollen. Die Arbeiter, die laut dem nationalen Statistikamt ohnehin besonders stark vom Coronavirus betroffen sind.
Kritik aber auch auf der Seite der Luftfahrtbranche für Johnsons strikten Vorschlag einer zweiwöchigen Quarantäne für Reisende nach Grossbritannien. Dies würde der der Reiseverkehr effektiv töten. Der Luftfahrt als auch der britischen Wirtschaft insgesamt werde einen «unermesslichen Schaden» zugefügt, heisst es aus der Branche.
Eines ist den Kritikern aus Opposition und Wirtschaft aber gemein: Sie verlangen mehr Klarheit von der Regierung und Johnson. Konkrete Antworten etwa, wie Unternehmen ihre Mitarbeiter schützen sollen.