Bundesregierung über Abzugspläne von US-Soldaten informiert
Sind Berichte über Pläne für einen Teilabzug der US-Truppen aus Deutschland mehr als die Drohung eines verärgerten US-Präsidenten? Die Bundesregierung wurde nun informiert. Ex-Botschafter Grenell staunt demonstrativ über deutsche Verwunderung.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Bundesregierung ist aus den USA über Pläne für einen Abzug von in Deutschland stationierten Soldaten in Kenntnis gesetzt worden.
«Die Bundesregierung ist darüber informiert worden, dass es in der US-Administration Überlegungen gibt, die Präsenz der US-Streitkräfte in Deutschland zu reduzieren», sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Ulrike Demmer am Mittwoch in Berlin auf die Frage, ob es aus Washington nach entsprechenden Medienberichten auch eine offizielle Bestätigung gegeben habe. «Eine abschliessende Entscheidung gibt es nach unserem Kenntnisstand aber nicht», fügte sie hinzu. Der bisherige US-Botschafter in Deutschland, Richard Grenell, erklärte im Gespräch mit der «Bild», dass der Schritt aus seiner Sicht nicht überraschend sei.
Nach Medienberichten will US-Präsident Donald Trump 9500 der rund 34 500 US-Soldaten aus Deutschland abziehen. Eine offizielle Bestätigung aus dem Weissen Haus oder dem Pentagon hatte es zunächst nicht gegeben. Grenell und der republikanische Präsident hatten im vergangenen Jahr auch deshalb mit einem Abzug gedroht, weil die deutschen Militärausgaben trotz Erhöhung noch weit unter dem Nato-Ziel von zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts liegen.
Die amerikanischen Steuerzahler hätten keine Lust mehr, zu viel zu bezahlen, sagte Grenell derweil der «Bild». «Keiner sollte überrascht sein, dass Donald Trump Truppen abzieht und sie nach Hause bringt. Es wurde gross und breit diskutiert», sagte der bisherige US-Botschafter. «Letzten September haben die Berliner Medien beschlossen, dass dies nie geschehen würde.» Allerdings sei auch auf dem Nato-Gipfel im Dezember über den Truppenabzug gesprochen worden. Nach Auskunft von Grenell sollen Truppen auch aus Japan und Südkorea abgezogen werden.
Republikanische Abgeordnete in den USA drückten unterdessen ihre Sorge über einen möglichen Teilabzug aus. «Wir glauben, dass solche Schritte die nationale Sicherheit der USA erheblich schädigen und die Position Russlands zu unserem Nachteil stärken würden», heisst es in einem Brief an Trump, den mehr als 20 Republikaner des Militärausschusses im Abgeordnetenhaus unterzeichneten.
Man glaube zwar, dass Nato-Verbündete wie Deutschland mehr zur gemeinsamen Verteidigung beitragen sollten, doch die Reduzierung der US-Soldaten in Europa könne zu «weiteren Aggressionen» aus Moskau führen. Aus Sicht der Abgeordneten würde dies auch logistische Probleme mit sich bringen. Über Deutschland werden Truppen zu amerikanischen Militärstützpunkten in der ganzen Welt verlegt.
Für die wegen der Corona-Pandemie unterbrochene Militärübung «Defender Europe 20» werden nun doch wieder 600 Soldaten aus den USA nach Deutschland verlegt. Diese sollten am 10. Juli eintreffen und auf dem Truppenübungsplatz Bergen/Munster in Niedersachsen drei Wochen trainieren, teilte das Verteidigungsministerium am Donnerstag dem Verteidigungsausschuss im Bundestag mit. Sie würden von 400 US-Soldaten unterstützt, die in Deutschland stationiert seien. Die Bundeswehr nehme nicht aktiv teil, stehe aber für Unterstützungsleistungen bereit.
«Defender Europe 20» war als die grösste Verlegeübung der US-Streitkräfte seit 25 Jahren angelegt. Nach früheren Planungen sollten insgesamt 20 000 Soldaten über den Atlantik geschickt werden. Insgesamt waren 37 000 Teilnehmer vorgesehen. Die Bundeswehr hatte ihre Beteiligung an den Übungen im März wegen der Corona-Krise eingestellt.
Teile der Militärübung werden nun als «Defender 20 Plus» fortgesetzt. So hat das US-Militär gemeinsam mit polnischen Truppen ein Manöver auf dem Truppenübungsplatz Drawsko Pomorskie in Westpolen begonnen. Bis zum 19. Juni werden 6000 Soldaten aus beiden Ländern ihre militärische Zusammenarbeit üben. Das US-Militär stellt 4000, die polnischen Streitkräfte 2000 Soldaten.