CDU attackiert SPD und Grüne: Kurswechsel mit «Sofortprogramm»
Die CDU startet mit Angriffen auf SPD und Grüne in die heisse Wahlkampfphase und fordert einen Kurswechsel in Wirtschafts- und Migrationspolitik.
Mit scharfen Angriffen auf SPD und Grüne starten die deutschen Christdemokraten in die heisse Phase des Bundestagswahlkampfs. Auf einem Wahlparteitag in Berlin warb die CDU für einen Kurswechsel in der Wirtschafts- und Migrationspolitik.
«Die Ampel war die schlechteste Bundesregierung aller Zeiten.» Dies sagte CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann. Kanzlerkandidat Friedrich Merz sagte zur Eröffnung des Parteitags: «Wir stehen bereit, Deutschland wieder nach vorne zu führen.»
Attacken auf Rot-Grün
Die Christdemokraten hatten heftige Proteste ausgelöst, weil Merz in Kauf genommen hatte, dass eine Mehrheit für einen Antrag zur Migrationspolitik im Bundestag nur mit Stimmen der rechtspopulistischen Alternative für Deutschland (AfD) zustande kam. Ein entsprechender Gesetzentwurf scheiterte trotz Zustimmung der AfD daran, dass etliche Abgeordnete von Union und FDP nicht an der Abstimmung teilnahmen.
Verhandlungen der CDU mit Sozialdemokraten und Grünen über einen Kompromiss waren am Freitag gescheitert. Linnemann sagte, der SPD sei es nie um die Sache gegangen, sondern um Wahltaktik. Er kritisierte auch SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich, der die Christdemokraten aufgefordert hatte, das «Tor zur Hölle» zu schliessen. «Das ist niederträchtig», sagte Linnemann.
Linnemann sieht CDU auf der richtigen Seite
«Wir lassen uns von niemandem erzählen, wer auf der richtigen Seite der Geschichte war. Das waren wir.» Dies sagte Linnemann.
Unter Verweis auf Attacken auf CDU-Geschäftsstellen sagte er: «Da hört es auf. Gewalt ist kein Instrument der Demokratie.» Mit Blick auf Kanzler Olaf Scholz (SPD) sagte Linnemann, er würde sich freuen, wenn dieser sich von solchen Aktionen distanzieren würde.
Noch bevor Merz den Parteitag überhaupt eröffnen konnte, feierten die Delegierten ihren Kanzlerkandidaten mit knapp drei Minuten langem Applaus im Stehen. «Eine unionsgeführte Regierung wird sich ohne jeden Zeitverzug an die Arbeit machen und die Probleme an der Wurzel packen, die unser Land seit so langer Zeit so lähmen», sagte Merz.
CDU legt «Sofortprogramm» vor
In einem «Sofortprogramm», das die CDU beschliessen will, schlägt sie eine Verschärfung der Migrationspolitik sowie milliardenschwere Entlastungen für Unternehmen und private Haushalte vor, um die Wirtschaft anzukurbeln. Das Programm enthält komprimiert wesentliche Teile des Wahlprogramms.
* Der erste Punkt im «Sofortprogramm» ist eine Senkung der Stromsteuer und der stark gestiegenen Netzentgelte. Vor allem energieintensive Unternehmen beklagen im internationalen Vergleich hohe Energiekosten. Entlastungen beim Strom würden auch den privaten Haushalten zugutekommen.
* Die CDU nimmt ausserdem eine Forderung der Arbeitgeber auf und will anstelle der täglichen eine wöchentliche Höchstarbeitszeit festlegen – damit soll flexibleres Arbeiten für Beschäftigte und Unternehmen ermöglicht werden.
CDU will Wirtschaft wieder in Schwung bringen
* Profitieren könnten Beschäftigte davon, falls wie von der CDU gefordert Überstundenzuschläge steuerfrei gestellt würde. Wer freiwillig mehr arbeiten wolle, solle mehr Netto vom Brutto haben.
* Um die Gastronomie und die Verbraucher zu entlasten, will die CDU die Umsatzsteuer auf Speisen in Restaurants und Gaststätten von 19 Prozent auf sieben Prozent verringern.
* Entlastungen plant die CDU auch für Landwirte. Die von der Ampel beschlossene und umstrittene Streichung von Agrardiesel-Vergünstigungen soll rückgängig gemacht werden.
* Auch eine andere, heftig umstrittene Massnahme der Ampel will die CDU rückgängig machen: Das Heizungsgesetz soll abgeschafft werden.
Union strebt Kurswechsel in Migrationspolitik an
* IP-Adressen im Internet sollen zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs von Kindern gespeichert werden.
* Elektronische Fussfesseln sollen Täter stoppen, die Gewalt gegen Frauen ausgeübt haben.
* Zur Bekämpfung illegaler Migration soll der Fünf-Punkte-Plan von Merz umgesetzt werden.
* Das am Freitag im Bundestag trotz AfD-Stimmen gescheiterte sogenannte Zustrombegrenzungsgesetz soll kommen.
* Die Christdemokraten wollen die «Express-Einbürgerung der Ampel» rückgängig machen.
Habeck meldet sich
Zeitgleich zum CDU-Parteitag meldete sich Grünen-Kanzlerkandidat Robert Habeck in der «Bild»-Zeitung zu Wort. Er bekräftigte Forderungen zur Migrationspolitik. So müssten die Behörden schärfer gegen nicht vollstreckte Haftbefehle vorgehen.
Er verlangte auch eine «Vollstreckungsoffensive» mit «Schwerpunkt auf Islamisten und anderen Extremisten». Er kritisierte, dass die CDU Teile des von der Ampel beschlossenen «Sicherheitspakets» im Bundesrat blockiere.
Draussen wurde der CDU-Parteitag von Protest begleitet. Bis zum Mittag gab es laut Polizei rund um die Messehalle CityCube mehr als ein Dutzend Kundgebungen mit in der Spitze etwa 450 Menschen. Diese richteten sich überwiegend gegen die gemeinsame Abstimmung von Christdemokraten und AfD in der vergangenen Woche.