Söder akzeptiert CDU-Beschluss für Kanzlerkandidat Laschet
«Die Würfel sind gefallen», erklärt der CSU-Chef. Er werde Laschet nun ohne Groll und mit voller Kraft unterstützen. Die Kontroverse in der Union um die K-Frage könnte dennoch weitergehen.
Das Wichtigste in Kürze
- Nach dem klaren Votum des CDU-Vorstands hat CSU-Chef Markus Söder CDU-Chef Armin Laschet zum Kanzlerkandidaten der Union ausgerufen.
«Die Würfel sind gefallen, Armin Laschet wird Kanzlerkandidat der Union», sagte der bayerische Ministerpräsident in München. Söder betonte, er werde, wie angekündigt, das klare Vorstandsvotum der CDU für ihren Parteichef akzeptieren und Laschet ohne Groll und mit voller Kraft unterstützen. Nun gehe es darum zusammenzustehen. «Nur eine geschlossene Union kann am Ende erfolgreich sein.»
Söder zieht damit rund zwölf Stunden nach dem Beschluss des CDU-Führungsgremiums seinerseits einen Schlussstrich unter den seit mehr als einer Woche bestehenden Machtkampf mit Laschet um die Kandidatur. In seinem kurzen Statement, bei dem keine Fragen möglich waren, dankte Söder seinen Unterstützern, gerade auch aus der CDU. Söder erwähnte dabei ausdrücklich auch die «mutigen Abgeordneten», die in der CDU für ihn das Wort ergriffen hätten und bedankte sich «gerade bei den Jungen, bei den Modernen, (...) für ihre wirklich überragende Unterstützung.»
CSU-Generalsekretär Markus Blume betonte, Söder habe in den vergangenen Tagen eindrucksvoll bewiesen, welche Zugkraft er für die Union entfalten könne. «Markus Söder war erkennbar der Kandidat der Herzen», sagte er. Aber am Ende entscheide in einer Demokratie die Mehrheit. Dies akzeptiere die CSU.
Auch der Laschet bei der Wahl zum CDU-Chef unterlegene Friedrich Merz gratulierte seinem ehemaligen Kontrahenten zum klaren Votum: «Gratulation an Armin Laschet. Jetzt richten wir den Blick nach vorn: Raus aus dem Klein-Klein, konkrete Vorschläge für die Bundestagswahl, ein Modernisierungsjahrzehnt für Deutschland», sagte Merz der «Bild»-Zeitung am Dienstag.
Ob damit aber die kontroverse Debatte um die Kanzlerkandidatur in der Union gänzlich beendet ist, bleibt abzuwarten. «Es wird sicher noch Diskussionen geben, aber wir jedenfalls werden unseren Beitrag zum gemeinsamen Erfolg leisten», sagte auch Söder.
Mit Spannung erwartet werden daher insbesondere die Reaktion der Unionsfraktion am Nachmittag im Bundestag sowie die Rückmeldungen von der CDU-Basis in den kommenden Tagen. Hier hatte es in den vergangenen Tagen auch grossen Zuspruch für Söder gegeben.
Thüringens CDU-Landeschef Christian Hirte wertete das Votum für Laschet bereits als «Entscheidung gegen die CDU-Basis». Die Stimmung in Thüringen sowie in mehreren anderen Landesverbänden sei deutlich für Söder als Kanzlerkandidat, sagte er der Deutschen Presse-Agentur in Erfurt. Er gehe aber davon aus, dass Söder einen Kanzlerkandidat Laschet im Bundestagswahlkampf unterstützten werde. «Wir sind jetzt gut beraten, uns hinter Armin Laschet zu versammeln und uns auf Inhalte zu konzentrieren.»
Auch Bayerns Finanzminister Albert Füracker (CSU) bezeichnete den Beschluss gegen die CDU-Basis als «sehr bemerkenswert». Er wundere sich dennoch sehr, dass man die eindeutige Pro-Söder-Stimmung an der CDU-Basis völlig ignoriert habe, sagt er der dpa in München.
In einer digitalen Sondersitzung des CDU-Vorstands hatten in der Nacht zum Dienstag 31 von 46 stimmberechtigten Vorstandsmitgliedern in geheimer Wahl für den eigenen Parteivorsitzenden Laschet als Kanzlerkandidaten plädiert (77,5 Prozent). Nur neun stimmten für Söder (22,5 Prozent), sechs enthielten sich.
Laschet hatte am Montagabend zum Auftakt der CDU-Vorstandssitzung seine Bereitschaft zur Kanzlerkandidatur bekräftigt. «Es geht um die besten Antworten auf die drängenden Zukunftsfragen. Und ich bin bereit, für uns die Kandidatur zu übernehmen», sagte er nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. «Wir sind heute in der Verantwortung, ein Zeichen zu setzen, wo der Wahlkampf hingeht.»
Söder und die CSU hatten die Entscheidung über die Kanzlerkandidatur erst am Montagnachmittag nach einem einwöchigen nervenaufreibenden Machtkampf in die Hand der CDU gelegt. Dies entscheide die CDU jetzt «souverän», hatte er gesagt. «Wir als CSU und auch ich respektieren jede Entscheidung.»
Doch auch aus der CSU kamen am Dienstag bereits kritische Töne. So hinterlasse das Verfahren «durchaus einige Fragezeichen», sagte der Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Alexander Dobrindt, in Berlin. Es habe aber ein Ergebnis gebracht. «Und mit dem Ergebnis muss man umgehen.» Dobrindt sagte voraus, das Verfahren werde zu Diskussionen führen. Man habe aber auch «den gemeinsamen Auftrag dafür, dass wir Prozesse nicht dauerhaft verlängern».
Politiker seien alle «Kinder von Gremien», sagte Dobrindt. «Wir leben alle in Gremien.» Aber: «Wir erleben natürlich auch, dass Gremien nur so lange funktionsfähig sind, solange ihre Entscheidungen auf Akzeptanz stossen.»
Die Union steht nicht nur wegen der internen Folgen des Streits fünf Monate vor der Bundestagswahl maximal unter Druck. Hinzu kommt, dass die Grünenn - nach aktuellen Umfragen stärkste Kraft hinter der Union - Parteichefin Annalena Baerbock als ihre Kanzlerkandidatin präsentierten. Dass für die SPD Olaf Scholz antritt, steht seit längerem fest. Einzig die Union, die mit Angela Merkel seit fast 16 Jahren die Kanzlerin stellt, konnte die Personalie wegen des internen Streits zunächst nicht entschieden.
Auch in den anderen Parteien hatte der unionsinterne Machtkampf für Gesprächsstoff gesorgt. Die Reaktionen auf die mögliche Vorentscheidung liessen dementsprechend nicht lange auf sich warten.
«Nach Wochen unermüdlicher Grabenkriege» hätten die «CDU-Altvorderen» Armin Laschet durchgedrückt, sagte die Co-Parteichefin der Linken, Susanne Hennig-Wellsow, der Deutschen Presse-Agentur. «Ich will gar nicht wissen, womit die CDU hinter verschlossenen Türen Markus Söder zum Rückzug gezwungen hat, aber eine souveräne Kandidatenkür sieht anders aus.»
Laschet sei «der maximale Krampf-Kandidat einer krisengeschüttelten und von Korruption gebeutelten Union», fügte sie hinzu. «Was SPD und Grünee mit ihm anfangen wollen, bleibt ihr Geheimnis.»