Coronavirus: Biontech-Chef kritisiert Impf-Strategie der EU
Der Biontech-Chef kritisiert, dass zu wenig Impfdosen gegen das Coronavirus bestellt wurden. Es entstehe ein Loch, weil weitere zugelassene Impfstoffe fehlen.
Das Wichtigste in Kürze
- Ugur Sahin sucht unter Hochdruck neue Produktionskapazitäten für den Biontech-Impfstoff.
- Es sei im Vorfeld zu wenig bestellt worden, kritisiert er.
- Erst Ende Januar werde klar sein, wie viel Pfizer/Biontech noch produzieren könne.
Am 19. Dezember hat Swissmedic den ersten Corona-Impfstoff für die Schweiz zugelassen. Es ist jener von Pfizer/Biontech. Drei Tage später war es auch in der EU soweit. Dass im EU-Raum sonst noch kein anderer Impfstoff zugelassen ist, bereitet Biontech-Chef Ugur Sahin Sorgen.
«Wir versuchen, neue Kooperationspartner zu gewinnen, die für uns produzieren. Aber es ist ja nicht so, als stünden überall in der Welt spezialisierte Fabriken ungenutzt herum, die von heute auf morgen Impfstoff in der nötigen Qualität herstellen könnten», sagte Sahin (55) dem «Spiegel». «Ende Januar haben wir Klarheit, ob und wie viel wir mehr produzieren können.»
«Sieht nicht rosig aus»
Derzeit sehe es hinsichtlich der insgesamt verfügbaren Impfstoffe gegen Covid-19 «nicht rosig» aus, «weil weitere zugelassene Impfstoffe fehlen und wir mit unserem Impfstoff diese Lücke füllen müssen», meinte Sahin.
Daher sei man mit dem US-Partner Pfizer daran, die Möglichkeit für eine erhöhte Produktion des eigenen Präparats auszuloten.
Weitere Zulassungen für Corona-Impfstoffe gibt es in der EU bisher nicht. Die Staatengemeinschaft hat aber bereits bei mehreren Herstellern Impfstoffdosen geordert, die sich noch in der Entwicklung befinden.
«Es gab die Annahme, dass noch viele andere Firmen mit Impfstoffen kommen. Offenbar herrschte der Eindruck: Wir kriegen genug, es wird alles nicht so schlimm, und wir haben das unter Kontrolle. Mich hat das gewundert», sagte Sahin dazu.
Zu der Frage, ob Biontech andere Hersteller zur Produktion des neuen Impfstoffes lizenzieren könne, betonte Sahin die Komplexität bei der Herstellung von mRNA-Impfstoffen. «Da kann man nicht einfach umschalten, sodass statt Aspirin oder Hustensaft plötzlich Impfstoff hergestellt wird. Der Prozess braucht jahrelange Expertise und eine entsprechende bauliche und technologische Ausstattung.»