Coronavirus: Deutschland setzt im Herbst auf Farbcodes für Geimpfte

Deutschland bereitet sich auf den dritten Winter mit dem Coronavirus vor. Gesundheitsminister Lauterbach sorgt mit wirren Tweets aus der Isolation für Unmut.

Karl Lauterbach Coronavirus
Der deutsche Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SDP). - dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • Mit Maskenpflicht und Ausnahmen für Frisch-Geimpfte geht Deutschland in den Corona-Winter.
  • Der Gesundheitsminister verwirrt allerdings mit Aussagen auf Twitter.
  • Karl Lauterbach widerspricht nicht nur der Impfkommission, sondern auch sich selbst.

Die Sommerwelle ebbt in Deutschland gerade ab. Die Inzidenz liegt momentan noch über 550 Ansteckungen mit dem Coronavirus pro 100'000 Einwohner. Unser Nachbarland – allen voran die Politik – rüstet sich nun bereits für den kommenden Herbst.

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Die Anzahl der laborbestätigten Infektionen mit dem Coronavirus in Deutschland im Jahr 2022. - ourworldindata.org

Das zentrale Element wird das von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und Justizminister (FDP) Marco Buschmann überarbeitete Infektionsschutzgesetz bilden. Nach langem Hin und Her konnten sich die Minister auf einen Entwurf einigen, der noch im September definitiv verabschiedet werden soll. Im Wesentlichen geht es nun noch darum, wer wo wegen des Coronavirus eine Maske tragen muss.

Mit Winterreifen und Schneeketten gegen das Coronavirus

Die Bundesregierung nutzt im Autoland Deutschland eine naheliegende Analogie: Die Corona-Regeln kommen und gehen mit den Winterreifen – von Oktober bis Ostern. Wenn die Lage ernst wird, kommen die Schneeketten in Form von Verschärfungen zum Einsatz.

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Die geplanten Massnahmen gegen das Coronavirus für kommenden Herbst und Winter in Deutschland. - Bundesregierung

Vorgesehen ist ein Mix aus landesweiten Massnahmen und einem weiteren Paket, aus dem die Bundesländer je nach epidemiologischer Lage auswählen können. Grundsätzlich sieht der Entwurf eine Tragpflicht von FFP2-Masken im Fern- und Flugverkehr vor. Für den Besuch von Krankenhäusern und anderen Pflegeeinrichtungen müsste zusätzlich ein negatives Testergebnis vorgewiesen werden.

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Die neuen Regelungen im Infektionsschutzgesetz gehen auf einen Kompromiss zwischen Bundesjustizminister Marco Buschmann (l) und Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach zurück. Foto: Annette Riedl/dpa - dpa-infocom GmbH

Die Länder können bei Bedarf in öffentlichen Innenräumen und im Nahverkehr eine Maskenpflicht verhängen. Die Schulen und Kitas sollen in diesem Schuljahr auf jeden Fall durchgehend offen bleiben, jedoch wäre eine Masken- und Testpflicht möglich. Die Masken könnten auch in Freizeit- und Kulturbetrieben obligatorisch werden. Personen, deren Impfung nicht länger als drei Monate her ist, könnten davon aber befreit sein.

Beschränkungen für private Zusammenkünfte, Lockdowns und Ausgehverbote sind darin nicht vorgesehen.

Karl Lauterbachs wilde Isolations-Tweets

Wie in den letzten Jahren gaben die geplanten Massnahmen gegen das Coronavirus zu reden. Besonders im Fokus stand dabei der Gesundheitsminister. Lauterbach ist – gemäss eigener Aussage trotz vierter Impfung – an Corona erkrankt und in Isolation.

Das hinderte ihn jedoch nicht daran, auf Twitter die Pläne der Bundesregierung zu kommentieren. Mit jedem Tweet wuchs allerdings die Verwirrung, bei vielen auch die Wut.

So schrieb er: «Auf Maske im Innenraum kann man im Herbst nicht verzichten. Für die frisch Geimpften wäre eine Ausnahme vertretbar.»

Allerdings sollen sich gleichzeitig nicht zu viele Menschen impfen lassen. Denn wenn sich zu viele Menschen alle 3 Monate impfen liessen, um von der Maskenpflicht befreit zu werden, «würden wir die Regeln ändern, machen die Ausnahme dicht», so der Gesundheitsminister.

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Hinweis auf Maskenpflicht. - AFP/Archiv

Nicht nur wegen der Tweet-Serie sind viele Deutsche verunsichert, ob und wie oft sie sich denn impfen lassen sollen. In einem Interview im «Spiegel» sagte Lauterbach, wer den Sommer ohne Erkrankung geniesse wolle, dann würde er «in Absprache natürlich mit dem Hausarzt auch Jüngeren die Impfung empfehlen». Die Ständige Impfkommission (Stiko) empfiehlt den zweiten Booster allerdings nur Menschen über 70 Jahren und Risikopatienten.

Coronavirus: Farbige Kennzeichnung nach Impfstatus

Zwar sprechen beide Minister davon, dass es im dritten Corona-Winter weder 3G- noch 2G-Regeln geben werde. Die Pläne erinnern allerdings sehr stark daran. So sollen Betriebe wie Fitnesscenter, wo keine Maske getragen werden kann, Ungeimpfte abweisen können. Zutritt nur für Geimpfte und Genesene – 2G also.

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Ein Schild mit der Aufschrift «Für den Zutritt wird kein 2G/3G Nachweis benötigt» hängt im Schaufenster eines Münchner Geschäfts. Foto: Sven Hoppe/dpa - dpa-infocom GmbH

Die Kontrolle des Impfstatus über die Corona-Warn-App soll vereinfacht werden. Für den Status «frisch geimpft» sei auf der App gemäss Lauterbach-Tweets eine andere Farbe des Zertifikats vorgesehen. Dies sei «einfacher als früher 2G+».

Ein ähnliches System setzt auch das autoritäre Regime in China ein. Mit grünem «Health Code» kann sich ein Bürger frei bewegen, bei Orange oder gar Rot ist er in seiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt, bis hin zur Ausgangssperre.

Was halten Sie vom deutschen Plan für den dritten Corona-Winter?

Doch wie kann etwa ein Kinobetreiber später kontrollieren, dass keine Ungeimpften ohne Maske im dunklen Saal sitzen? Der Vorschlag des Justizministeriums: Farbige Aufkleber. Die öffentliche Kennzeichnung der Menschen gemäss dem Impfstatus kam milde gesagt nicht gerade gut an.

Schweiz will vorerst keine Massnahmen

Während in Deutschland eifrig an Massnahmen geschmiedet wird, ist es in der Schweiz corona-technisch sehr ruhig geworden. Seit März gelten gar keine Massnahmen mehr – und dabei dürfte es vorderhand auch bleiben.

Alain Berset Lukas Engelberger
Bundesrat Alain Berset (l.) und Lukas Engelberger, Präsident der Gesundheitsdirektoren-Konferenz, diskutieren über Massnahmen gegen das Coronavirus. - Keystone

Denn mit dem Ende der «besonderen Lage» wären dafür die Kantone zuständig. Dass sich diese in nützlicher Frist auf einen gemeinsamen Kurs einigen, scheint nach den Debatten der beiden letzten Jahre eher unrealistisch.

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