Darf Boris Johnson das britische Parlament wieder wegschicken?
Das Wichtigste in Kürze
- Boris Johnson hat eine zweite Zwangspause für das Parlament angekündigt.
- Der britische Premier argumentiert mit der Tradition.
- Skeptiker und die Opposition wittert aber ein anderes Motiv.
Die ganze Brexit-Affäre wirkt mehr und mehr wie eine schlecht geschrieben Drama-Serie. Vor nur einer Woche entschied der oberste britische Gerichtshof, dass die von Premierminister Boris Johnson verhängte Zwangspause nicht rechtens ist.
Für fünf Wochen wollte Johnson das Parlament in die Pause schicken. Der Plan ging schief. Doch etwa mehr als eine Woche später setzt Boris Johnson zum erneuten Manöver an.
Gestern Mittwoch kam die Meldung, dass der britische Premier das Parlament am kommenden Dienstag wieder in die Ferien schicken will. Dieses Mal für eine Woche. Während Johnsons mit der Tradition argumentiert, wittert die Opposition einen Versuch zum Ausschalten des Parlaments.
Wegen Kürze unanfechtbar
Doch im Gegensatz zur ersten Parlamentspause ist die Zweite bedeutend kürzer. Es ist also eher unwahrscheinlich, dass der Zwangsurlaub gerichtlich angefochten wird.
Gerade im Kontext der Dauer, die die Beanstandung der ersten Pause brauchte, ist dies unwahrscheinlich. Demnach dürfte Johnson mit seinem Manöver durchkommen, ein Urteil wird wohl ausbleiben.
Doch warum wagt die Regierung abermals, das Parlament in die Zwangspause zu schicken? Die Regierung Johnsons argumentiert, dass diese eine Woche «die kürzest mögliche Zeit» sei. Dies, um «alle notwendigen logistischen Vorkehrungen» für die Rede von Königin Elizabeth II. zu treffen.
Diese Rede von der Königin dreht sich um das Regierungsprogramm und markiert den Start der neuen Sitzungsperiode. Die Rede soll am 14. Oktober stattfinden. Eine Pause für das Parlament vor der Rede ist Teil der Tradition.
Politisches Kalkül statt Tradition
Politische Kommentatoren wittern dahinter aber politisches Kalkül – und nicht unbedingte der Wille zur politischen Tradition. Wenn die Pause am kommenden Dienstag beginnt, entgeht Johnson so der Fragestunde am Tag danach.
Dort würde ihn kritische Nachfragen zu seinen Brexit-Plänen erwarten. Zudem kann Johnson – für eine Zeit – den Ton der Debatte bestimmen. Auch könnte ein Misstrauensvotum gegen Johnson, das bereits angedacht wurde, nicht stattfinden.
Boris Johnson im Strudel der Kritik
Die Wogen gingen jüngst hoch. Boris Johnson sorgte etwa mit einer Aussage über die ermordete Abgeordnete Jo Cox für einen Sturm der Entrüstung. Der Vorwurf, dass Johnson 1992 zwei Frauen begrabscht haben soll, lastet ebenfalls auf ihm.
Dazu kommt ein weiterer Skandal während seiner Amtszeit als Bürgermeister. Ein mögliches Verfahren wird geprüft. Doch Johnsons hält am 31. Oktober als Brexit-Datum fest.
Beobachter glauben, dass Boris Johnson so oder so auf einen ungeregelten Brexit zielt. Und dass die jüngsten Vorschläge an die EU mehr als ein symbolischer Akt, als ein ernstgemeinter Vorschlag, zu verstehen sind. Die EU reagierte erstmals skeptisch auf die Backstop-Idee.