Das erhoffen sich Schweizer Juden vom Halle-Prozess
Der Anschlag von Halle schockiert auch Schweizer Juden. Sie erhoffen sich vom Prozess, dass durch Aufarbeitung zukünftige Taten verhindert werden können.
Das Wichtigste in Kürze
- Am Dienstag hat der Prozess gegen den Attentäter von Halle gestartet.
- Auch der Schweizerische Israelitische Gemeindebund (SIG) verfolgt den Prozess aufmerksam.
- Der SIG hofft, dass dank der Aufarbeitung zukünftige Anschläge verhindert werden können.
Der Mittwoch ist der zweite Tag im Strafprozess gegen den Attentäter von Halle. Letzten Herbst hatte Stephan Balliet versucht, in einer Synagoge möglichst viele jüdische Menschen zu töten. Nachdem er die Tür nicht aufbrechen konnte, erschoss er zwei Passanten.
Der Anschlag hat Deutschland erschüttert, insbesondere die jüdische Gemeinde. Doch der Schock geht über die Landesgrenzen hinaus.
«Der Anschlag in Halle hat auch die jüdische Gemeinschaft in der Schweiz zutiefst schockiert.» Das schreibt Jonathan Kreutner, Generalsekretär des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebunds SIG auf Anfrage von Nau.ch. Dementsprechend werde der Prozess auch in der Schweiz aufmerksam beobachtet.
Weil antisemitsche Angriffe unabhängig von Landesgrenzen passieren, setzt auch der SIG seine Hoffnungen in den Prozess. Kreutner: «Wir erwarten eine breite Aufarbeitung der Geschehnisse und Hintergründe. Wir hoffen natürlich auch, dass Erkenntnisse gewonnen werden können, die zukünftige Taten verhindern können.»
SIG hofft, dass künftige Radikalisierungen verhindert werden
Die jüdischen Nebenkläger im Halle-Prozess erhoffen sich vor allem eine Beleuchtung der Hintergründe. Es gehe darum, zu klären, wie sich der Täter so radikalisieren konnte. Das sagte Juri Goldstein, Anwalt von Besuchern der jüdischen Gemeinde in Halle.
Kreutner vom SIG hält diesen Punkt für sehr entscheidend. Denn: antisemitische Haltungen entstehen durch Prozesse. «Ein besseres Verständnis von diesen Prozessen kann helfen, radikalisierte potentielle Täter früher zu identifizieren und mit zielgerichteten Präventionsmassnahmen eine Radikalisierung im Vornherein zu verhindern. Letztlich muss es das Ziel sein, potentielle Anschläge in einem frühen Planungsstadium zu erkennen und zu unterbinden»
Auch jüdische Gemeinde in der Schweiz sorgt sich um Sicherheit
Im Vergleich zu Deutschland gibt es in der Schweiz wenig antisemitische Vorfälle. Das soll aber nicht heissen, dass es keine Gefahren für Juden in der Schweiz gibt.
Kreutner vom SIG sagt: «Im Bereich Terrorismus und Anschläge ist die Gefährdungslage ebenfalls erhöht und zwingt die jüdische Gemeinschaft seit Jahren entsprechende Sicherheitsmassnahmen umzusetzen.» Seit Kurzem erhält die jüdische Gemeinschaft deshalb vom Staat mehr Unterstützung.