Debatte vor Frankreich-Wahl: Macron und Le Pen im TV-Duell
Frankreich schaut kurz vor der Stichwahl um die Präsidentschaft gebannt auf die Bildschirme. Wiederholt sich am Abend die Blamage aus dem TV-Duell von 2017?
Das Wichtigste in Kürze
- Macron und Le Pen stehen vor den Wahlen in Frankreich im Duell.
- Le Pen habe sich in den vergangenen Tagen intensiv auf die Debatte vorbereitet.
- Sie wird sich wohl auch als Fürsprecherin ärmerer Bevölkerungsschichten inszenieren.
Die Präsidentschaftskandidatin Marine Le Pen will ihr Debakel von 2017 auf keinen Fall wiederholen, wenn sie heute Abend (21.00 Uhr) vor den Augen Frankreichs erneut ihrem Kontrahenten Macron in der zentralen und einzigen TV-Debatte gegenübersteht. In den vergangenen Tagen hiess es für die 53-Jährige daher vor allem: vorbereiten und ausruhen.
Mehr Ruhe, ausreichend Schlaf
Dass die Debatte für Le Pen vor der Stichwahl am 24. April oberste Priorität haben würde, das drang aus ihrem Wahlkampfteam schon unmittelbar nach der ersten Wahlrunde nach aussen.
Le Pen gönnt sich vor dem entscheidenden Fernsehauftritt mehr Ruhe als noch 2017, wie ihr Umfeld französischen Medien verriet. Damals war ihr Terminplan noch bis in die frühen Morgenstunden des Debattentags randvoll. Diesmal solle Le Pen ausreichend Schlaf bekommen, hiess es.
Le Pen selbst wollte offenbar dem Eindruck entgegentreten, sie blicke mit Sorge auf die Debatte: Sie bereite sich ganz «normal» darauf vor, bei sich zu Hause, wie auf alle anderen Sendungen auch. Das sagte sie jüngst in einem Interview.
Macron: Kein PR-Training nötig
Amtsinhaber Macron liess derweil nicht viel über die Vorbereitung für den medialen Zweikampf nach aussen dringen. Klar ist aber: Der 44-jährige Eliteabsolvent ist eloquent, schlagfertig und liebt Debatten. «Politico» zitierte sein Umfeld jedenfalls mit den Worten, als Präsident habe Macron kein PR-Training nötig.
Die Debatte ist für Macron und seine Herausforderin Le Pen eine der letzten Chancen, die FranzösInnen von sich zu überzeugen. Dementsprechend mit grosser Spannung wird sie erwartet. Die beiden Kontrahenten stehen sich am Sonntag in der Endrunde um die Präsidentschaft gegenüber.
Anfang April hatten sie sich in der ersten Wahlrunde unter zwölf Kandidatinnen und Kandidaten durchgesetzt. Bereits bei der Präsidentschaftswahl 2017 hatte es ein Duell zwischen den beiden gegeben. Umfragen gehen nun von einem knapperen Rennen aus. Gerade deshalb könnte dem medialen Schlagabtausch Experten zufolge besondere Bedeutung zukommen.
Werben um linke Wähler
Die traditionelle TV-Debatte zwischen den beiden Wahlrunden wird simultan auf mehreren französischen Kanälen übertragen. 2017 schalteten rund 16,4 Millionen Zuschauer ein. Damals war die Diskussion von Beschimpfungen und persönlichen Angriffen geprägt.
Beobachtern zufolge geht es für Le Pen und Macron nun besonders darum, linke Wähler zu bezirzen. Auf deren Stimmen wären beide für einen Wahlsieg angewiesen. Die Strategien unterscheiden sich jedoch.
Le Pen wird sich wohl auch in der Debatte als Fürsprecherin ärmerer Bevölkerungsschichten inszenieren. Zudem wird sie ihren Gegner als abgebrühten Mann der Eliten darstellen. Zuletzt sagte sie gar, sie wolle Frankreich wie eine Mutter anführen.
2017 wurde ihr noch vorgeworfen, sie sei bei all ihren Angriffen auf Macron zu wenig auf eigene Inhalte eingegangen. Dies dürfte Le Pen anders machen wollen und einen Abriss ihrer Politikpläne vorstellen. Also etwa ihre Ideen zur Erhöhung der Kaufkraft, was auch das erste Debattenthema ist.
Umwelt und Internationales
Über das Thema Umwelt als einen der acht Debattenkomplexe dürfte sich wohl vor allem Macron freuen. Er versucht seit Tagen, mit Klimaversprechen jüngere und weiter links eingestellte Menschen zu gewinnen. Erwartet wird auch, dass er beim Punkt Internationales die früher offen zur Schau gestellte Russland-Nähe Le Pens aufspiessen dürfte.
Es liegt nahe, dass er angesichts des Ukraine-Kriegs vor einer bröckelnden Einheit des Westens warnt. Im Falle, dass die Herausforderin siegt.
Abseits aller Inhalte wird Macron sich wohl auch um sein Image bemühen müssen. Gilt er doch vielen als arrogant und wird den Ruf eines «Präsidenten der Reichen» nicht los. Auch er wird aber versuchen, Le Pens Kreidefresserei der vergangenen Jahre zu offenbaren und sie eindeutig als rechts zu brandmarken.
Wie vor fünf Jahren dürfte Macron Schwächen in Le Pens Wahlprogramm aufzeigen. Er könnte sie fragen, wie sie ihre zahlreichen Versprechen zu finanzieren gedenkt. Le Pen hingegen wird diesmal bessere Chancen haben, mit ihren Attacken auf Macron zu punkten. Denn als Amtsinhaber bietet er nun deutlich mehr Angriffsfläche.