Josef Schuster: Nähe der Documenta zu BDS nicht vom Tisch
Das Wichtigste in Kürze
- An der diesjährigen Documenta war ein Banner mit antisemitischen Abbildungen ausgestellt.
- Der deutsche Bundeskanzler kritisiert nun die Leitung der Ausstellung.
- Der Zentralrat der Juden findet es gut, dass das Banner entfernt wurde.
Die Rufe nach Konsequenzen werden nach dem Antisemitismus-Eklat um ein grossformatiges Banner bei der Documenta immer lauter. Entsprechende Überlegungen äusserte am Mittwoch nicht nur der Zentralrat der Juden – auch Bundeskanzler Olaf Scholz meldete sich zu Wort.
Die Antisemitismus-Vorwürfe haben Scholz nach einem Bericht der «Jüdischen Allgemeinen» veranlasst, auf einen Besuch der Kunstausstellung zu verzichten. Eine Regierungssprecherin sagte, der SPD-Politiker habe «in den vergangenen 30 Jahren wohl keine Documenta versäumt». Dieses Mal werde er aber nicht nach Kassel reisen. Grund seien die judenfeindlichen Abbildungen auf dem mittlerweile abgehängten Wandgemälde von Taring Padi.
Zur Erinnerung: Die Installation zeigte unter anderem einen Soldaten mit Schweinsgesicht. Er trägt ein Halstuch mit einem Davidstern und einen Helm mit der Aufschrift «Mossad» – die Bezeichnung des israelischen Auslandsgeheimdienstes.
Der Bundeskanzler bezeichnete diese Darstellung nach den Worten der Sprecherin als «abscheulich». Es sei «völlig richtig und angemessen» gewesen, das Wandbild zu entfernen. Seiner Meinung nach sei «in Deutschland kein Platz für antisemitische Darstellungen, auch nicht auf einer Kunstausstellung».
Scholz sprach sich dafür aus, die Einbeziehung der umstrittenen Arbeiten in die Ausstellung zu überprüfen. «Die Documenta-Leitung sollte sich nach Überzeugung des Bundeskanzlers ihrer Verantwortung für diesen Vorgang stellen und sich prüfen», erklärte die Regierungssprecherin.
Zentralrats-Chef sieht Nähe zu «Boycott, Divestment and Sanctions»
«Es ist richtig, dass das antisemitische Werk des indonesischen Künstlerkollektivs Taring Padi von der Documenta entfernt wurde». Das sagte auch der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, in Berlin. Damit sei jedoch das Thema Antisemitismus sowie die Debatte über eine Nähe der diesjährigen Documenta zu BDS nicht abgehakt.
BDS steht für «Boycott, Divestment and Sanctions». Die Bewegung will Israel wirtschaftlich, kulturell und politisch isolieren. Sie wird als antizionistisch – gegen den israelischen Staat gerichtet – eingestuft. Einige Länder wie Deutschland oder Österreich sehen «Boycott, Divestment and Sanctions» als antisemitisch an.
«Es muss jetzt über personelle Konsequenzen nachgedacht werden», sagte Schuster. Nähere Angaben machte er dazu nicht. Deutschlands Image in der Welt habe durch diesen Vorfall bereits Schaden genommen.
Kritik an den Verantwortlichen
FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai sagte, jetzt gelte es aufzuklären, wie es zu diesem beschämenden Vorfall hätte kommen können. Das Wichtigste sei, dass daraus auch Konsequenzen gezogen würden. «Wer diese menschenverachtenden Ausfälle gutheisst, darf in Deutschland nicht die Verantwortung für ein international bekanntes Kulturevent tragen», forderte der FDP-Politiker.